Wird 180 Jahre alt: der Struwwelpeter. © Dedert/dpa
Frankfurt/Main – Ob ADHS, Magersucht oder aufs Handy schauen beim Laufen: Viele Geschichten aus dem „Struwwelpeter“ erscheinen heute verblüffend aktuell. Dabei wird das Buch dieses Jahr zu Weihnachten 180 Jahre alt. Der Frankfurter Arzt Heinrich Hoffmann schrieb und zeichnete die Geschichten ursprünglich als Weihnachtsgeschenk für seinen dreijährigen Sohn.
Heute gibt es tausende Varianten der ursprünglichen Struwwelpeter-Geschichten: in unzähligen Sprachen und Dialekten, anders illustriert, als Satire, Gegenentwurf und für Propagandazwecke. Dass das Buch so langlebig und so wandelbar ist, liegt an seiner „Anschlussfähigkeit“, sagt Beate Zekorn-von Bebenburg, die Leiterin des Frankfurter Struwwelpeter-Museums. „Alle die Geschichten lassen sich im Kern sehr gut auf die Gegenwart übertragen.“ Bei Hanns Guck-in-die Luft sieht der heutige Leser sofort Jugendliche mit dem Blick aufs Handy wie ferngesteuert durch die Stadt laufen. Bei der Geschichte vom Zappel-Philipp denkt man an ADHS und beim Suppen-Kaspar an Magersucht. Auch wenn diese Diagnosen damals so noch nicht existierten: Hoffmann war Arzt. „Es ging ihm darum, Kinder vor Schaden zu bewahren“, sagt Zekorn-von Bebenburg. Die Geschichte vom Daumenlutscher warne vor Infektionen, Pauline mit den Streichhölzern vor unachtsamem Umgang mit Feuer. Den Struwwelpeter selbst sieht sie als „eine Ikone der Rebellion“.
Die erste Fassung erschien 1845 unter dem Pseudonym Reimerich Kinderlieb. Das Buch wurde schnell ein Erfolg, sodass sogar Kaiser Wilhelm I. Hoffmann treffen wollte.