Meine Flucht vor den Flammen

von Redaktion

Unser Reporter rettetet sich aus der Feuerhölle von L.A. – 52 000 evakuiert

Hilflose Patienten eines Seniorenwohnheims werden vor den Flammen in Sicherheit gebracht. © AFP

In der Villa Aurora feiert der deutsche Film traditionell seinen Oscar-Empfang. © dpa

Rund um die amerikanische Westküstenmetropole Los Angeles sind vier Feuer ausgebrochen, die sich rasant ausbreiten. © Grafik: dpa

Christian Thiele auf seiner Flucht vor dem Feuer.

Kampf gegen die Flammen: Ein Bewohner versucht, sein Haus in Altadena mit einem Gartenschlauch zu löschen. © AFP

Eine Luftaufnahme des Palisades-Feuer. Über 21 000 Häuser sind bedroht.

Flammenhölle im Promi-Stadtteil Pacific Palisades: unter den Flüchtenden sind auch zahlreiche Promis. © Ethan Swope/dpa

Los Angeles – Zehntausende Menschen sind in Südkalifornien vor rasch um sich greifenden Flammen auf der Flucht. Ein zunächst kleines Feuer am Westrand von Los Angeles verwandelte sich durch heftige Winde in ein Inferno. Die Anwohner von Pacific Palisades an der Pazifikküste mussten teils fluchtartig ihre Häuser verlassen. Bis zum gestrigen Abend meldete die Feuerwehr in Los Angeles zwei Tote. Zahlreiche Menschen erlitten zudem Verletzungen. Insgesamt seien 52 000 Menschen von Evakuierungen betroffen.

Obwohl unser L.A.-Korrespondent Christian Thiele sich in Hollywood noch gut 14 Kilometer vom nächsten Brandherd entfernt befand, wurde ihm die Luft knapp. Kein Wunder. Denn immer mehr Feuer brachen rundherum um seinen Standort aus: „Der Rauch kam von allen Seiten, seit 15 Uhr stand der Brandgeruch in meinem Büro. Mir tränten die Augen, mein Hals hat gekratzt.“

Vor dem Bürogebäude direkt am berühmten Walk of Fame wirbelten sturmartige Böen lose Gegenstände durch die Luft. Als dann der Himmel durch Rauch und aufkommende Dämmerung glutrot-dunkel wurde, „hatte ich das Gefühl, mitten in einen Katastrophenfilm von Roland Emmerich geraten zu sein – nur ohne Aliens“. Dafür sorgte auch die Geräuschkulisse. Denn ständig fuhren Feuerwehrautos und Polizei mit lautem Sirenengeheul vorbei. Als dann das Internet ausfiel und dann auch der Handy-Empfang schlechter wurde, beschloss Thiele, das Feld zu räumen: „Ich habe mir die Karte mit den Feuern angeschaut – sie kesselten mich fast schon ein. Der Weg über den Sunset Boulevard nach Norden und Westen war vollkommen zu oder gesperrt. Und die stärksten Windböen waren für den Südwesten angesagt.“

Weshalb er sich entschied, zuerst nach Osten und dann eine Inlands-Highway nach Süden in Richtung San Diego zu fahren. Es wurde ein interessanter Ritt: „Allein der kurze Fußweg zu meinem Auto war so, als würde man gegen eine Windmaschine anlaufen, und ich musste herumwirbelnden Gegenständen ausweichen.“

Der Windsturm mit Böen von bis zu 170 km/h hatte Palmenäste und Absperrkegel von einer Baustelle und anderen lose Gegenstände auf die Highways geweht: „Ich bin teilweise Slalom gefahren, um allem auszuweichen. Zum Glück war nicht viel Verkehr, aber in Richtung Orange County dann auch wieder dichter Rauch.“ Erst ab San Diego County wurde die Luft wieder klar und plötzlich funktionierte auch das Handy wieder. Mit einem lauten Signalton: Der Gouverneur von Kalifornien, Gavin Newsom, hat für die Region den Notstand erklärt. Er warnte vor einem „höchst gefährlichen Windsturm“ und mahnte die Anwohner, den Evakuierungsaufrufen der Feuerwehr zu folgen. Im Nobelvorort Pacific Palisades, wo Hollywoodschauspieler und andere Prominente wohnen, seien laut Feuerwehr rund tausend Gebäude durch die Flammen zerstört worden, hieß es weiter.

Das in Pacific Palisades stehende Thomas-Mann-Haus war nach Angaben des Auswärtigen Amtes vom Mittwoch „nach aktuellem Kenntnisstand“ nicht von den Bränden betroffen. Der Schriftsteller lebte in dem Haus, das heute eine transatlantische Begegnungsstätte ist, während seines US-Exils von 1942 bis 1952. Die ebenfalls in Pacific Palisades stehende Villa Aurora, in welcher der Schriftsteller Lion Feuchtwanger im Exil lebte, liege dagegen innerhalb der Brandzone, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes. „Wegen des schwierigen Zugangs im ganzen Gebiet war es bisher noch nicht möglich, sich ein Bild vor Ort zu machen“, sagte sie. In einer Mitteilung beider Kulturstätten hieß es: „Wir können unsere Gefühle derzeit nicht in Worte fassen.“ Und: „Die Situation um die Villa Aurora ist so, dass wir mit dem Schlimmsten rechnen müssen.“
CTH

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