Mehr Freiheit für Schettino?

von Redaktion

Unglückskapitän Francesco Schettino. © Niemeyer/dpa

Die verunglückte „Costa Concordia“. © Innocenti/dpa

Rom – 13 Jahre sind seit der Tragödie der „Costa Concordia“ vergangen. In der Nacht vom 12. auf den 13. Januar 2012 war das Kreuzfahrtschiff vor der italienischen Toskana-Insel Giglio gesunken. Die rechtlichen und seelischen Folgen des Unglücks dauern bis heute an. Als Hauptverantwortlichen für den Schiffbruch und den Tod von 32 Menschen verurteilte der Oberste Kassationsgerichtshof 2017 in Rom Kapitän Francesco Schettino. Er war zwischendurch wegen seiner bizarren Erklärungen zur Witzfigur geworden. Längst ist auch Schettino eine tragische Figur. Er sitzt seit knapp acht Jahren im Gefängnis.

Im Mai wird der inzwischen 64 Jahre alte Neapolitaner die Hälfte seiner insgesamt 16 Jahre langen Haftstrafe verbüßt haben. Wegen guter Führung gibt ihm das die Möglichkeit, in den offenen Vollzug zu gehen. Einen entsprechenden Antrag hat Schettino nun gestellt, am 4. März soll die Entscheidung fallen. Der Ex-Kapitän dürfte dann morgens die Haftanstalt Rebibbia in Rom verlassen, einer Arbeit oder Resozialisierungsmaßnahme nachgehen, um abends wieder in seine Zelle zurückzukehren. Die Förderung der Rückkehr eines Straftäters in ein verantwortungsbewusstes Leben ist in vielen Rechtsordnungen explizites Ziel, so auch in Italien. Schon jetzt hat Schettino wegen guter Führung Anrecht auf 45 Tage Ausgang pro Jahr.

Nun hat sich aber Widerstand geregt gegen den Antrag des Ex-Kapitäns. „Schettino muss für seine Schuld büßen“, sagte Vanessa Brolli. Sie befand sich 2012 mit ihrer Familie auf der „Costa Concordia“, zusammen mit insgesamt mehr als 4200 Passagieren. Ihre Reaktion lässt ahnen, wie sehr die Betroffenen und ihre Familien weiterhin unter den Folgen des Unglücks leiden. „Die Vorstellung, dass er nach Hause zurückkehren könnte, gefällt mir nicht“, sagte die 27-Jährige am Montag der Bologneser Lokalzeitung Il Resto del Carlino. Unter den 32 Todesopfern der Unglücksnacht sind zwölf deutsche Staatsbürger. Insgesamt 566 Passagiere aus Deutschland befanden sich auf dem Schiff.

„Wir sind sicher, dass Schettino den Rest seiner Tage mit der Last dieser Tragödie leben wird, unabhängig von der Entscheidung der Richter“, erklärten Brolli und ihre Geschwister. Dies sei die größte Strafe für ihn. „Selbst wenn er aus dem Gefängnis entlassen werden sollte, wird er für den Rest des Lebens mit dieser Schuld leben müssen.“ Die damals 14-Jährige war mit ihren beiden Geschwistern, den Eltern sowie ihren Großeltern zur Feier deren Goldener Hochzeit auf Kreuzfahrt.

„Ich habe auf dem Schiff gesehen, wie sich Menschen in Tiere verwandelt haben“, berichtet Brolli weiter. Sie habe gesehen, wie Männer sich an anderen vorbeidrängelten und sogar „Schwangere schlugen“, um rechtzeitig die Rettungsboote zu erreichen. Ihr Vater habe sie gerettet.
JMM

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