Die Kranken-Suite des Papstes

von Redaktion

Franziskus steht im Gemelli-Klinikum eine eigene Etage zur Verfügung

Kapelle, Wohnzimmer, Sekretariat – das alles steht Franziskus in der Klinik zur Verfügung.

Der Papst verbrachte bereits 2021 nach einer Darm-OP einige Zeit in der Gemelli-Klinik. © imago

Rom – Über mangelnde Unterstützung kann sich Papst Franziskus nicht beschweren. Am Dienstag hissten Anhänger im römischen Gemelli-Krankenhaus ein Banner mit der Aufschrift: „Wir brauchen dich heute mehr denn je, Franziskus“. Mitglieder der christlichen Arbeiterbewegung in Italien hatten es im Stockwerk unter der Abteilung aufgehängt, in der der Papst inzwischen seit zwölf Tagen wegen einer beidseitigen Lungenentzündung behandelt wird. Am Dienstagmorgen teilte der Vatikan mit, der Papst habe die ganze Nacht über gut ausgeruht. Am Montag war von einer „leichten Verbesserung“ seines Gesundheitszustands die Rede gewesen. Das Krankheitsbild sei aber immer noch „komplex“. Abends hatte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin ein Rosenkranzgebet auf dem Petersplatz mit hunderten Gläubigen geleitet.

Im Gemelli-Klinikum steht dem Papst eine eigene Etage zur Verfügung, es handelt sich um ein Privat-Appartement mit Krankenzimmer nur für den Papst. Wenn der nicht da ist, steht der Trakt im zehnten Stock des Klinikums leer. Nachdem Papst Johannes Paul II. sich bei einem seiner letzten Krankenhausaufenthalte im Jahr 2005 den Gläubigen vom Klinik-Fenster aus zeigte und die Klinik im Scherz als „dritten Vatikan“ bezeichnete, wurde der Ausdruck zum geflügelten Wort in Rom. Neben dem richtigen Vatikan am Petersdom, der von Franziskus ignorierten Sommerresidenz Castel Gandolfo, ist das Gemelli-Klinikum eine Art dritter Stützpunkt der Päpste.

Während Karol Wojtyla bei seinen zahlreichen Krankenhausaufenthalten regelrechte Audienzen gab und damit den regulären Krankenhausbetrieb durchaus auf den Kopf stellte, will der heutige Patient Sparsamkeit, auch was Besuche angeht. Seine Ärzte Luca Carboni und Sergio Alfieri fordern absolute Ruhe für Franziskus. Bekannt wurde allein eine Visite der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die den Papst vor einer Woche 20 Minuten lang besuchte. Dabei soll der 88-Jährige der Premierministerin lachend die Worte anvertraut haben: „Ich weiß, dass da draußen einige meinen, meine Stunde sei gekommen. Sie haben es immer auf mich abgesehen.“

Seine gute Laune soll Franziskus aber nicht verloren haben. Bei ihren täglichen Besuchen im zehnten Stockwerk werden die Ärzte am Eingang der ganz in Weiß gehaltenen Papst-Suite vom Sicherheitspersonal der Schweizergarde und der Vatikangendarmerie vorbeigelassen. Auch die Gemelli-Klinik beschäftigt eigenes Sicherheitspersonal. Hinter dem Eingang tut sich ein sparsam möblierter Komplex mit ingesamt acht Räumen auf.

Der erste Raum rechts ist eine kleine Kapelle mit Gebetsbänken und einem hölzernen Kreuz an der vorderen Wand. Links gegenüber befindet sich die Küche, in der Speisen eigens für Franziskus zubereitet werden. Hinter der Kapelle liegt ein erster Aufenthaltsraum, genannt „salottino“, also kleines Wohnzimmer. Hier können sich Besucher oder Mitarbeiter aufhalten. Gegenüber links liegt das Sekretariat, in dem die engsten Mitarbeiter des Papstes arbeiten. Franziskus unterzeichnet dieser Tage Bischofsernennungen, hat seine Sekretäre aber angehalten, im „ersten“ Vatikan zu bleiben. Schräg gegenüber befindet sich das Krankenzimmer, in dem Franziskus liegt, natürlich ein Einzelzimmer mit Bad, WC und Fernseher. Die Ärzte können sich in einem Besprechungsraum gegenüber beraten. Die letzten beiden Räume der Suite bilden ein Zimmer für das Sicherheitspersonal.

Die Kranken-Suite war für Johannes Paul II. 1981 eingerichtet worden, damals ein unerhörter Schritt. Franziskus hat das Kranksein der Päpste weiter normalisiert. Auf seine Anweisung hin wird die Öffentlichkeit täglich mit einem detaillierten Bullett in informiert, das der Papst vor Veröffentlichung persönlich kontrolliert. Früher, auch unter Franziskus, wurden Eingriffe oder Behandlungen vom Vatikan oft heruntergespielt. Nun soll alle Welt detailliert teilhaben an den päpstlichen Leiden.
JULIUS MÜLLER-MEININGEN

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