Liebesfalle Internet

von Redaktion

Wenn Online-Verhalten die Partnerschaft bedroht

Im Netz und am Handy lauern so manche Stolperfallen für Beziehungen. © Mauritius

Berlin – Hand aufs Herz: Wann haben Sie zum letzten Mal mit Ihrem Partner gestritten, weil er dauernd am Handy hängt? Und fragen Sie sich auch manchmal, was der Partner da eigentlich macht, wenn er ständig das Smartphone in der Hand hat? Denn schließlich checkt nicht jeder nur den Wetterbericht oder seine E-Mails. „Internet-Eifersucht wirkt sich stark auf Beziehungen aus“, sagt die als „Dr. Tinder“ bekannte Sozialpsychologin Johanna Degen im Vorfeld des Deutschen Kongresses für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie unter dem Motto „Beziehungen in der Krise – Aufbrüche“.

Beim Thema Handy kommen in Beziehungen laut Degen ganz neue Fragen auf: Ist es schon Betrug, dem Büroschwarm auf Instagram zu folgen? Mit dem Kollegen zu chatten? Oder das Bild der Ex zu liken? Laut der Expertin müssen Paare gegen die Handy-Eifersucht ganz neue Regeln aufstellen. Es gelte, Vorstellungen von Moral auszuhandeln, erklärte die Forscherin. So sei es für viele vielleicht unvorstellbar, ein aktives Online-Dating-Profil zu haben, während man in einer Beziehung ist. Für andere ist da nichts dabei. Sie fänden das sinnvoll, weil sie sich jeden Tag neu für den aktuellen Partner entscheiden wollten. Wenn Paare solche Fragen nicht ausdiskutieren, könne das für Ärger sorgen, so Degen. Für den einen fängt Fremdgehen eben früher an als für den anderen.

Dazu kommt: Fast jede zweite Beziehung beginnt heutzutage virtuell. Doch der Verlauf einer Beziehung, die online beginnt, kann viel eher von Unsicherheiten, Eifersucht und dem Fehlen von physischer Nähe geprägt sein. Die Vorstellung, dass es immer mehrere Optionen gibt, könnte laut mehrerer Studien zu einer „Wegwerf-Mentalität“ in der Liebe führen. Übrigens, noch eine Beziehungsfalle verursacht das Handy: Viele Paare schicken sich im Streit mit Emojis garnierte Chatnachrichten. „Das macht es schwieriger, in einer Face-to-Face-Situation mit einem Konflikt umzugehen“, mahnte die Forscherin. Auch suchten Menschen auf Social Media vermehrt nach körperlicher Beruhigung: Sie hätten das Gefühl, sich bei Instagram, TikTok und Co. an sichere Orte zurückzuziehen, die jederzeit genau das böten, wonach sie suchten. Dies nähre eine generelle Erwartung von Verfügbarkeit.

Aber gerade Beiträge über glückliche Beziehungen auf Social Media können grundsätzlich einen Einfluss auf das Bild der eigenen Partnerschaft haben. „Wir denken dann, Beziehungen sehen so aus oder haben bestimmte Vorstellungen davon, wie die Beziehungen von anderen sind. Paare oder Einzelpersonen gehen davon aus, dass die Beziehungen der anderen besser sind als die eigene“, sagte Degen in einem anderen Interview dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Doch solche Beiträge stellten keine echten Partnerschaften dar, sondern seien Inszenierungen einer Beziehung.

Dating-Apps verstärken nach Angaben Degens digitale Vereinsamung und schwächen Beziehungskompetenz. Die Forscherin von der Europa-Universität Flensburg erklärt im Interview, dass Nutzer von Dating-Apps Gefahr liefen, zu verpassen, sich „das Leben anzueignen“. Aus medizinisch-therapeutischer Sicht seien diese Phänomene noch kaum im Blick, so die Psychologin.

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