Trotz Rauchverbot steht eine Touristin mit Zigarette in der Hand vor dem Dom. © Sator/dpa
Mailand – Ein Schnappschuss aus Mailand. Ein früherer Besuch, vielleicht 20 Jahre her: In den Straßencafés auf dem Platz vor dem Dom sitzen die Leute mit Zeitung und Zigarette in der Hand. Andere hetzen mit der Kippe zwischen den Fingern über die weitläufige Piazza del Duomo ins Büro. Von den Touristen, die in Gruppen herumstehen, rauchen viele auch.
Und heute? Auf den Tischen stehen nicht einmal mehr Aschenbecher. In der 1,4-Millionen-Einwohner-Stadt mit Mitte-Links-Regierung gilt seit Beginn des Jahres Italiens strengstes Rauchverbot – und eines der strengsten auch in ganz Europa. Nicht nur drinnen, auch draußen darf praktisch nicht mehr geraucht werden. Erlaubt ist es nur noch, wenn zu anderen Leuten mindestens zehn Meter Abstand gehalten wird. Ansonsten drohen Strafen bis zu 240 Euro.
In Mailand selbst ist die Stimmung nach den ersten drei Monaten geteilt. Viele freuen sich, auf Spielplätzen, an Haltestellen oder vor Restaurants nicht mehr den Rauch anderer Leute einatmen zu müssen. Aber es gibt auch viele Gegenstimmen – von Rauchern natürlich, aber auch grundsätzlicher Natur.
So sahen das wohl auch die Leute, die einem früheren Stadtoberen auf seinem Denkmal vor der Universität eine riesige Zigarette in den Mund steckten. Oder Flugblätter zu Bürgermeister Giuseppe Sala mit dem Untertitel „Du bist nicht unser Papa. Lass uns rauchen“ in Umlauf brachten.
In Italien, wo zum Abschluss eines Essens die Zigarette früher ebenso dazugehörte wie der Espresso, gilt schon seit 2005 eines der strengsten Nichtrauchergesetze Europas. Anfangs glaubte niemand daran, dass sich die Italiener daran halten. Inzwischen ist es völlig normal, dass Zigaretten in Cafés, Restaurants, Schulen und Universitäten nicht mehr erlaubt sind. Offiziellen Zahlen zufolge raucht nicht einmal mehr jeder Fünfte (19 Prozent).
Allerdings wäre die Annahme, dass sich in Mailand nun alle auch ans Draußen-Verbot hielten, ziemlich verkehrt. Auf dem Boden liegen Kippen überall: auf den Straßen, vor dem Dom und auch in der noblen Einkaufspassage Vittorio Emanuele II. Dort haben sich zwei Kellnerinnen für eine Zigarettenpause an den Eingang gestellt. „Je mehr man uns etwas verbietet, desto mehr machen wir es“, meint Alessia.
Mittags und abends sind auch vor vielen Restaurants Gruppen von Rauchern zu sehen. Kaum jemand macht sich die Mühe, die Kippe versteckt zu halten – zumal elektronische Zigaretten nach der städtischen Verordnung weiterhin erlaubt sind. In den ersten drei Monaten wurden auch nur einige Dutzend Strafzettel verhängt. Genauere Zahlen nennt die Stadt nicht. Touristen, von denen viele das Verbot überhaupt nicht kennen, haben ohnehin Schonfrist.
Die Stadt hat angekündigt, härter durchzugreifen, Bußgeld inklusive. Vermutlich wird es noch ein paar Monate dauern, bis klar ist, was aus dem Verbot wird. Auf die Polizei vor dem Domplatz sollte sich die Stadtverwaltung dabei nicht unbedingt verlassen. Dort schaut einer der uniformierten Beamten zwei Rauchern in aller Ruhe zu, ohne etwas zu unternehmen. Seine Erklärung: „Wir haben mit Taschendieben genug zu tun.“