Liebes-Aus: Hilfe kommt oft zu spät

von Redaktion

Viele junge Paare kämpfen um die Liebe. © Klose/dpa

Hamburg, Mainz – Sie fühlt sich nicht gesehen, er schweigt. „Ein klassisches Problem“, sagt Psychologe Reinald Kaszta von der Psychologischen Beratung der Hamburger Diakonie. Bei Paaren, die sich bei ihm melden, geht es selten um einen handfesten Streit. Oft geht es vielmehr darum, dass sich Partner nicht mehr verstanden und geliebt fühlen. „In den letzten Jahren ist der Leidensdruck bei vielen Paaren größer geworden“, sagt Kaszta, der seit über 20 Jahren als Beziehungsberater arbeitet.

Früher habe er sich vor allem um Menschen in jahrzehntelangen Beziehungen gekümmert. Heute melden sich zunehmend junge Paare. „Für viele Menschen unter 30 Jahren ist es völlig normal, sich Hilfe zu holen“, beobachtet Kaszta. Über Beziehungsprobleme werde heute offener gesprochen, es gebe Podcasts und sogar TV-Sendungen. Paare wollen an sich arbeiten, anstatt sich zu trennen. Und doch stellt auch er immer wieder fest: „Oft ist es schon zu spät.“

Dass Trennungen nicht aus heiterem Himmel kommen, zeigt jetzt eine kürzlich veröffentlichte Studie. „Ab einem bestimmten Zeitpunkt führt die Unzufriedenheit in einer Paarbeziehung unweigerlich zur Trennung“, sagt Janina Bühler (37), Juniorprofessorin für Persönlichkeitspsychologie und psychologische Diagnostik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

Für die Studie hat sie gemeinsam mit Ulrich Orth von der Universität Bern untersucht, ob und wie vor einer Trennung die Zufriedenheit der Paare abnimmt. Demnach zeichnet sich das Ende einer Beziehung schon ein bis zwei Jahre vor dem Aus relativ deutlich ab.

Bühler und Orth haben Datensätze mit 11 295 Personen aus vier repräsentativen Langzeitstudien aus Deutschland, Australien, Großbritannien und den Niederlanden ausgewertet. Die Teilnehmenden seien regelmäßig zu ihrer Beziehung befragt worden. „Wir können genau verfolgen, wie es zu der Trennung gekommen ist“, sagt Bühler, die die Daten auch mit einer Kontrollgruppe verglichen hat, die zusammengeblieben sind.

Laut Studie verläuft das Endstadium einer Beziehung in zwei Phasen: In der „präterminalen“ Phase nehme die Beziehungszufriedenheit leicht ab, dies trete typischerweise nach zehn Jahren Beziehung auf. In der „terminalen“ Phase sinke die Zufriedenheit dagegen abrupt. „Ab diesem Wendepunkt steuern betroffene Paare ausnahmslos auf eine Trennung zu“, sagt Bühler, die auch Paarberaterin ist. Dass diese schmerzhafte Phase ein bis zwei Jahre dauere, habe sie überrascht. „Es zeigt, dass Paare daran arbeiten wollten und nicht schnell hingeworfen haben“, sagt die Wissenschaftlerin.

Doch die meisten Paare gehen erst in der terminalen Phase zur Therapie, dann sei die Beziehung jedoch nicht mehr zu retten. Schwierig sei auch, dass die Phasen von beiden Partnern unterschiedlich erlebt würden. Der Wendepunkt, wann die Liebe vorbei ist, sei nicht für beide gleich.

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