Susanne Dietz, hier mit ihren drei Kindern, rät Müttern zu mehr Entspanntheit. © Berent
Susanne Dietz ist Coach und Mutter von drei Kindern. In ihrem aktuellen Buch „No Mom is perfect!“ schreibt sie schonungslos und humorvoll über die Tücken des Mutterseins. Ihre Botschaft: „Keine Mutter ist perfekt und du bist gut so, wie du bist!“
Sie schreiben, unter Müttern wird viel gelogen …
Ein Zitat meiner Hebamme. Sie hat gesagt: „Nirgends wird so viel gelogen wie unter Müttern. Glauben Sie nicht, was Ihnen die anderen erzählen.“ Dieser Satz hat mich begleitet. Man darf differenziert darauf gucken, wenn man hört, was andere Kinder schon alles können, wie sie durchschlafen und Chinesisch sprechen. Ich glaube, es sind meist keine boshaften Lügen, sondern eine Art Selbstschutz, weil man sich nicht eingestehen möchte, dass das Muttersein nicht so rosa oder pastellblau ist.
Geht man mit Kleinkind in die Arbeit, ist man eine Rabenmutter. Bleibt man zu Hause, ist man das Heimchen am Herd…
Sätze wie: „So viel wie du arbeitest – ich könnte das nicht!“ Da schwingt unausgesprochen mit: Ich finde es ja nicht so toll, was du da machst. Bei meiner ersten Tochter war es mit dem Stillen schwierig. Ich habe ihr relativ früh die Flasche gegeben – damals gab man auch noch Tee. Ich saß mit einer Müttergruppe im Café und habe das Teefläschchen auf den Tisch gestellt. Von einer Mutter kam total entsetzt die Frage: „Was trinkt sie denn da?“ Ich war damals völlig unsouverän und habe angefangen, mich zu rechtfertigen. Ich hätte einfach sagen sollen: „Na ja, natürlich Bier, dann schläft sie auch besser.“ Unter Eltern gibt es so unfassbar viele Philosophien, was richtig und was falsch ist. Die Vorwürfe resultieren oft aus einer persönlichen Unsicherheit heraus. Sie kommen von Müttern, die ihr eigenes Modell rechtfertigen müssen.
Als Mutter hat man ohnehin schon permanent ein schlechtes Gewissen.
Das schlechte Gewissen wird quasi mit dem Kind geboren. Wenn wir mal ehrlich sind: Es gibt so viele Tage, an denen die Kinder überleben, obwohl man nicht alles hingekriegt hat. Ich bemerke bei Müttern eine verstärkte Sorge, das Kind zu verkorksen. Meine Großmutter war alleinerziehend, da mussten die Kinder mitlaufen. Die hätte jeden Abend ein schlechtes Gewissen haben können.
Sind Kinder heute eine Art Projekt?
Ich erlebe in den Beratungen oft, dass sich Paare fragen: Können wir uns ein zweites oder drittes Kind wirklich leisten? Ich erlebe Akademikerinnen, die sagen: Ich will erst eine bestimmte Gehaltsstufe erreichen, dann wäre ein guter Zeitpunkt. Und dann ist die Frustration groß, wenn das nicht sofort funktioniert. Die haben im Job gelernt, dass ein Projekt gut klappt, wenn man es plant. Genau das ist es, was bei Kindern nicht mehr funktioniert. Jeder Tag ist anders – und jedes Kind.
Welche Vorstellung hatten Sie vom Muttersein?
Ich hatte vorab ein sehr idealisiertes, schönes Bild. Stattdessen hatte ich dann damals eine Wochenbettdepression. Das hat mich sehr geerdet.
Was wollen Sie Ihren Töchtern fürs Mamasein mit auf den Weg geben?
Als ich hochschwanger war, hatte meine Große im Minutentakt Aufträge, zuletzt, dass ich ihr eine Gurke schneiden solle. Ich habe gesagt: „Ich kann einfach nicht mehr, ich muss mich jetzt hinsetzen oder hinlegen.“ Sie hat mich ewig angeschaut und dann gesagt: „Okay, dann schneidest du mir halt die Gurke, wenn du wieder kannst.“ Das war der Aha-Effekt. Ein Kind darf auch sehen, wenn es der Mama mal nicht gut geht. Man sollte als Mutter authentisch bleiben.