So wurde Kardinal Prevost zum Papst

von Redaktion

Kardinal Marx und die Konservativen unterstützten den US-Amerikaner

Als Bischof in Peru ritt Prevost auch zu Pferd zu den Gläubigen in abgelegenen Gebieten. © ERNESTO BENAVIDES

Der junge Mönch mit Papst Johannes Paul II. © Augustiner

Das sehr einfache Elternhaus von Papst Leo XIV. in Chicago. © Erin Hooley/dpa

Offen im Dialog mit Journalisten: Papst Leo XIV. gestern bei seiner ersten Audienz mit Medienvertretern. © Cristian Gennari/DPA

Vatikanstadt – Das Konklave, in dem der US-amerikanische Kardinal Robert Francis Prevost am 8. Mai zum Papst gewählt wurde, fand streng geheim statt. Dennoch ist es Vatikanbeobachtern aus unterschiedlichen Ländern gelungen, in den vergangenen Tagen den ungefähren Verlauf der vier Wahlgänge mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu rekonstruieren. Am Ende dieser Wahlgänge erhielt Prevost überraschend mehr als zwei Drittel der 133 abgegebenen Stimmen.

Für ihre Rekonstruktionen analysieren die Vaticanisti Aussagen unterschiedlicher Konklaveteilnehmer und ziehen dann durch Vergleiche und Überschneidungen Rückschlüsse auf den Wahlverlauf. Demnach hatte der von vielen Medien als klarer Favorit betrachtete bisherige Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin zu Beginn einen schlechten Start und blieb deutlich unter den bis zu 50 Stimmen, die ihm eigentlich zugerechnet worden waren. Hingegen habe Prevost gleich zu Anfang stark abgeschnitten und sei auf dem zweiten Platz gelandet. Dafür habe die Vorarbeit einiger wichtiger Kardinäle im Vorkonklave gesorgt.

So habe der im Vatikan als progressiv geltende Münchner Kardinal Reinhard Marx, der im Vorkonklave mindestens dreimal zu Wort kam, bei privaten Treffen in seiner römischen Residenz für Prevost geworben. Marx rechnete es Prevost hoch an, dass er den deutschen Synodalen Weg am Ende durch eine Kompromissformel vor dem kirchenrechtlichen Aus bewahrt habe, während noch Prevosts Vorgänger Marc Ouellet auf harten Konfrontationskurs mit dem Reformprojekt der deutschen Katholiken gegangen war.

Beim Werben von Marx für Prevost dürfte aber auch die prekäre Finanzlage des Heiligen Stuhls eine Rolle gespielt haben. Sie liegt Marx als Chef des vatikanischen Wirtschaftsrates besonders am Herzen, und er weiß, dass sie ohne zusätzliche US-amerikanische Hilfe kaum zu bewältigen ist.

Am anderen Ende des kirchenpolitischen Spektrums, so berichten italienische Vaticanisti, habe der sehr konservative Kurienkardinal Raymond Burke sich bei einem Treffen mit Prevost von dessen Rechtgläubigkeit überzeugt. So sei Prevost gleich zu Beginn als lagerübergreifender Kandidat ins Rennen gegangen. Später kamen Stimmen hinzu, die sich anfangs auf mehrere Kandidaten zerstreut hatten. Beim zweiten Wahlgang am Morgen des 8. Mai habe Prevost dann bereits mehr Stimmen als Parolin gehabt, sodass dieser klar zu verstehen gegeben habe, dass er sein „Stimmenpaket“ auf Prevost übertragen wolle. Bereits beim dritten Wahlgang am Donnerstagmittag sei klar gewesen, dass Prevost beinahe uneinholbar vorne lag. Das war vermutlich der Punkt, an dem Prevost, wie der US-Kardinal Dolan später freimütig erzählte, die Hände über dem Kopf zusammenschlug und begann, sich mit dem Unausweichlichen anzufreunden. In der Mittagspause begann er offenbar schon, auf einem College-Block seine erste Rede aufzuschreiben, die er später am Abend nach erfolgter Wahl vom Blatt ablesen sollte. Im vierten und finalen Wahlgang habe Prevost dann mehr als 100 Stimmen erhalten.
LUDWIG RING-EIFEL

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