Iced Latte & Co.: Stirbt Omas Eiskaffee aus?

von Redaktion

Kalter Kaffee als Iced Latte (v. li.), Eiskaffee mit Eiswürfeln und klassischer Eiskaffee © Kalaene/dpa

Berlin/Wien – Das ist doch kalter Kaffee: Bei dieser Redewendung geht es um eine angebliche Neuigkeit, die eben gar nicht neu ist. Doch was ist mit kaltem Kaffee im Wortsinne? Der scheint ganz wichtig geworden zu sein und angesagt wie nie. Nur oft anders als früher. Doch der Reihe nach.

Sicher ist: Kaffee ist hierzulande ein Lieblingsgetränk. Der Konsum pro Person liegt in Deutschland bei durchschnittlich etwa 163 Litern jährlich (zum Vergleich: bei Bier sind es nur noch 88 Liter, davon gut acht Liter alkoholfrei).

Angesagt ist im Sommer oft kalter Kaffee: in erster Linie Iced Coffee, Iced Latte (geeister Espresso mit kühler Milch), Espresso Tonic oder der In-Cocktail Espresso Martini (Shot Espresso mit Wodka, Kaffeelikör, Zuckersirup). Daneben gibt es Cold Brew (über Stunden kalt extrahiert, was als magenfreundlich gilt).

Wie viel Kaffee tatsächlich kalt getrunken wird, bleibt allerdings unklar: „Zum Pro-Kopf-Konsum von Eiskaffee oder anderen kalten Kaffeegetränken wie Cold Brew oder Iced Coffee gibt es keine offiziell umfassenden Statistiken“, sagt eine Sprecherin beim Deutschen Kaffeeverband in Hamburg.

Früher im Sommer bei Sonnenschein bestellte Oma im Eiscafé um die Ecke einen Eiskaffee. Klassisch ist das in Deutschland abgekühlter Filterkaffee mit am besten gleich zwei Kugeln Vanilleeis und ordentlich Schlagsahne. Meist steckt noch ein pappsüßes Waffelgebäck darin.

„Wiener Eiskaffee steht für gemütliche Kaffeehausromantik, Iced Coffee für Social-Media-Ästhetik, Beschleunigung, Leistungsorientiertheit“, sagt Thomas Stiegler, Autor des Buchs „Kaffee – 35 Kulturgeschichten für Genießer“.

„Sahne und Vanilleeis werden zunehmend mit Überfluss und Vergangenheit assoziiert“, meint der Österreicher. „Als süßes luxuriöses Sommergetränk symbolisierte der klassische Eiskaffee einst im deutschen Sprachraum den Wohlstand in den Nachkriegsjahrzehnten.“ Vorbei die Zeit.

Seit den 2010er-Jahren setze sich unter dem Einfluss globaler Trends der Iced Coffee als puristischeres Getränk durch – meist ohne Milch oder Zucker, oft mit pflanzlichen Milchalternativen oder Zutaten wie Tonic Water, Zitrusnoten oder floralen Sirups. „Iced Coffee steht für Energie und Ästhetik und richtet sich vor allem an ein junges, gesundheitsbewusstes und medienaffines Publikum.“

Stiegler (51) erklärt: „Der Wandel im Kaffeekonsum ist stark von der Generation Z und den Millennials geprägt, die Kaffee primär nicht mehr als traditionelles Getränk sehen, sondern als Lebensgefühl. Erfrischung statt Gemütlichkeit, Stil statt Sättigung.“ Mit der sogenannten Gen Z und den Millennials sind die Menschen zwischen etwa 16 und Anfang vierzig gemeint. Plattformen wie Instagram oder Tiktok machen kalten Kaffee zum viralen Star; Influencer inszenieren Getränke gern als Lifestyle. Viele Trends kommen aus den USA, Australien und Südkorea.

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