CSD-Paraden in unruhigen Zeiten

von Redaktion

Queere Menschen werden oft angefeindet. © Pfeil/dpa

Köln – Die Pride-Saison ist in vollem Gange: Nach Umzügen in verschiedenen Städten startet am Sonntag der CSD in Köln – eine der größten Demonstrationen zum Christopher Street Day in Europa. Wie in den vergangenen Jahren werden wieder mehr als eine Million Besucher erwartet, die teils in bunten Outfits feiern – und lautstark für ihre Rechte eintreten. Und das sei dieses Mal wichtiger denn je, betonen die Veranstalter.

Denn die gesellschaftliche Stimmung habe sich gewandelt: Queere Menschen sehen sich zunehmenden Anfeindungen ausgesetzt. „Der Umgang und die Wortwahl haben sich geändert“, sagt Hugo Winkels, Vorstandsmitglied des Vereins Cologne Pride, der den Kölner CSD organisiert.

Böse Kommentare in Sozialen Medien seien ja schon lange an der Tagesordnung. Doch was ihm besondere Sorge bereite: „Solche Äußerungen finden jetzt zunehmend den Weg in die Realität.“ Es komme oft vor, dass Schwule, Lesben oder Transgender auf der Straße beschimpft und beleidigt würden. „Da sieht man teils so einen Hass in den Augen, das ist beängstigend.“

Queerfeindliche Straftaten gehören zum Bereich der politisch motivierten Kriminalität. Laut Bundeskriminalamt (BKA) wurden im vergangenen Jahr 1.765 Fälle im Bereich sexuelle Orientierung gemeldet – 18 Prozent mehr als 2023. Hinzu kamen 1152 Taten, die sich gegen Trans- oder nicht-binäre Personen richteten (plus 35 Prozent). Eine erhebliche Zunahme gab es dabei vor allem bei Taten, die dem rechten Spektrum zugerechnet werden.

Auch CSD-Paraden bekamen in jüngerer Zeit mehrfach Gegenwind zu spüren. Vor wenigen Wochen wurde zum Beispiel der CSD in Gelsenkirchen wegen einer „abstrakten Bedrohungslage“ kurzfristig abgesagt. In Regensburg entschieden die Veranstalter nach Eingang eines Drohschreibens, die Umzugsstrecke an diesem Samstag (5. Juli) zu verkürzen.

Laut BKA mobilisieren sich unter anderem rechte Jugendgruppen für Gegendemos gegen CSD-Paraden. In Soest nahm die Polizei am vergangenen Wochenende einen Mann fest, der Teilnehmer einer CSD-Veranstaltung beleidigt und attackiert hatte. Bei seiner Vernehmung äußerte er seine Ablehnung gegenüber der LGBTQ-Szene.

„Wir brauchen durch die Sicherheitsbehörden umfassende und ausreichende Sicherheitskonzepte für die Prides“, fordert André Lehmann vom Bundesvorstand des Verbands Queere Vielfalt LSVD+. „Geltendes Recht muss konsequent durchgesetzt werden.“ Ansonsten würden die Sicherheit und Freiheit Millionen queerer Menschen eingeschränkt.

Wahrscheinlich störe es viele Gegner, dass die LGBTQ-Community seit einigen Jahren deutlich sichtbarer geworden sei, vermutet der evangelische Pfarrer Tim Lahr von der Queeren Kirche Köln. Geschürt wird die negative Stimmung nach Überzeugung von LGBTQ-Vertretern dadurch, dass in Europa inzwischen mehr rechtspopulistische Parteien in Parlamenten sitzen. Aber auch durch Donald Trump und dessen Politik.

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