Für Schminke und Pflege geben junge Mädchen viel Geld aus. © dpa
Düsseldorf/Kiel – Spezielles Shampoo für seidenglatte Haare, Augenmaske gegen Falten, Concealer für den frischen Teint: Beauty boomt. Die Kosmetik- und Schönheitsindustrie ist weltweit auf Wachstumskurs. Sie wird bis 2027 um 6 Prozent pro Jahr wachsen und einen Einzelhandelsumsatz von rund 580 Milliarden US-Dollar erreichen. Besonders fällt das Wachstum im Bereich Hautpflege aus, so eine aktuelle McKinsey-Untersuchung.
Auch immer mehr Kinder und Jugendliche kaufen Pflegeprodukte für Haut und Haar. Teure Cremes oder Masken gegen Augenringe: „Dieser Kosmetik-Trend bei Kindern ist besorgniserregend“, sagt Ulrich Rosar, Soziologieprofessor an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. „Hier werden Kinder hinters Licht geführt, die noch nicht in der Lage sind, das, was sie da sehen, kritisch zu hinterfragen.“
Zudem belaste die „Schönheitsinflation“ die Psyche der Kinder. „Influencer suggerieren, dass ein bestimmtes Produkt funktionieren kann, dass man nachher ‚besser‘ aussieht. Wird das Versprechen nicht eingelöst, fühlen sich die Kinder unzulänglich. Mit Blick auf das Körperbild beginnt eine Abwärtsspirale.“
Sich schönmachen zu wollen, sei im Menschen angelegt, erklärt der Attraktivitätsforscher. „Das zieht sich durchs ganze Leben. Bereits im Kinder- und Jugendalter ist Aussehen enorm wichtig.“ Frauen und Mädchen würden in der Gesellschaft immer noch viel stärker über ihr Aussehen definiert als Männer und Jungen: „Männer können ein nicht so attraktives Äußeres auch über Geld oder den sozialen Status kompensieren.“
Hinzu komme: Durch die zunehmende Visualisierung der Gesellschaft werde die Bedeutung des Aussehens „exponentiell gesteigert“. Rosar empfiehlt Eltern, „vor allen Dingen mit den Kindern darüber zu reden, was sie auf Social Media sehen. Viele Bilder sind unfassbar gefiltert. Man muss den Kindern erklären, dass das nicht die Wirklichkeit ist.“ Eltern sollten weder alles verbieten noch alles erlauben, „aber wenn es gar nicht anders geht, durchaus die autoritäre Karte ziehen“. Zudem müssten Schulen mehr Medienkompetenz vermitteln.
Gesichtsmasken und Cremes können außerdem der jungen Haut schaden: Eine Studie der US-amerikanischen North-Western-Universität zur Erkenntnis, dass auf Tiktok beworbene Skincare-Routinen, gefährlich sein und etwa zu Hautirritationen führen könnten.
Zudem werde der Sonnenschutz in jungen Jahren häufig vernachlässigt. „Dabei ist das die einzige Creme, die bei gesunder Kinderhaut wirklich wichtig ist“, so die Kieler Hautärztin Regina Fölster-Holst.
Beide Experten fordern mehr staatliche Regulierung: „Kinder können nicht einordnen und differenzieren, was Influencer im Netz bewerben. Es bedarf einer Institution, die die Werbung für Kosmetik im Netz kontrolliert“, sagt Fölster-Holst.