Glückshormone: Was Tiere bewirken

von Redaktion

Die Ziegen tun den Heimbewohnern gut. © Tittel/dpa

Kell am See – Die neuen Zwergziegen sind im Seniorenheim gerade die absoluten Stars. „Oh, wie süß!“, sagt eine Bewohnerin, als sie mit ihrem Rollator in den Garten zu den Jungtieren kommt. „Schau mal!“, ruft eine andere Seniorin und zeigt auf die Zicklein, die an den Ästen eines Apfelbaums knabbern.

Die vier Tiere aus einer sächsischen Privatzucht sind erst vor Kurzem auf dem Gelände des Seniorenzentrums des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Kell am See (Kreis Trier-Saarburg) eingezogen. „Sie werden immer zutraulicher. Bald werden wir sie auch streicheln können“, sagt Katja Oswald von der Wohnbereichsleitung und Ziegen-Expertin.

Während immer mehr Bewohner nach draußen kommen, schauen andere an Fenstern oder vom Balkon zu. „Die Ziegen sorgen für Glücksmomente“, sagt Einrichtungsleiter Michael Pauken. Es mache Spaß, sie zu beobachten und sie böten reichlich Gesprächsstoff.

„Wir haben früher immer Tiere gehabt. Hund, Katze, Kuh und Schweine“, erzählt die strahlende Bewohnerin Helena Meyer. Gerade hat sie die Ziegen mit Ästen vom Apfelbaum gefüttert.

Ganz klar: Die Ziegen wirken. „Es ist wichtig, positive Emotionen zu wecken“, sagt Pauken. Auch für die Mitarbeiter seien die Ziegen „etwas Schönes“. Arbeit in der Pflege sei anstrengend. „Die Tiere lockern den Alltag auf.“

Bei Begegnungen würden Glückshormone ausgeschüttet: Die Menschen zeigten oft unerwartete Reaktionen: „Beim Streicheln der Tiere werden sie wieder ganz munter“, sagt Simone Kilian von „Tiere helfen Menschen“. Die Mitglieder des Vereins besuchen bundesweit mit Tieren, meist Hunden, aber auch Meerschweinchen, Vögel und Ziegen, Altenheime, Schulen und Behinderteneinrichtungen.

Kilian erinnert sich an eine hochgradig demente Dame. „Als ich mit meinem Hund das Zimmer verließ, wusste sie nicht mehr, dass ich da war. Aber Glückshormone wurden ja ausgeschüttet und die Pfleger haben gesagt: „Die Frau war danach für Tage wie umgewandelt“. Das zeige: Diese nonverbale Kommunikation mit Tieren sei unersetzbar.

Tiere gehören auch in anderen Seniorenheimen in Rheinland-Pfalz zum Alltag dazu, wie etwa im DRK-Seniorenzentrum in Kaiserslautern. „Es ist einfach Leben“, sagt Leiterin Beate Ruffing. Viele Bewohner hätten früher Tiere zu Hause gehabt. „Bei uns sind die Tiere auch einfach da.“ Die Tiere lieferten Gesprächsstoff und bewirkten Erstaunliches: Ein Senior im Rollstuhl, der schwer zu motivieren war, aufzustehen, habe sich vor dem Schafgehege allein am Zaun hochgezogen. „Da dachte ich: Wow!“, sagt sie.

Immer wieder kommen Bewohner in den Garten, setzen sich auf Stühle und beobachten die Ziegen. Katja Oswald sagt: „Was schön ist: Mehrere Leute, die nicht gerne an Gruppenangeboten teilnehmen, die sind aber jetzt hier draußen und gucken den Tieren zu.“

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