Alpenvereins-Chef Carlo Zanella. © Youtube
Dieses Drehkreuz haben Almbauern aus Protest gegen die Touristen errichtet. © Privat
Auf der Seceda in Südtirol hat man einen wundervollen Panoramablick. © Mauritius
Stau an der Seceda: Hunderte Menschen standen an der Seilbahnstation Schlange. Viele sind nur wegen des Drehkreuzes gekommen. © Youtube
Bozen – In Südtirol, einer der beliebtesten Ferienregionen der Deutschen, spitzt sich die Debatte um Massentourismus in den Alpen zu. Ein Video sorgt derzeit für Aufsehen: Die Bilder des Videos, die am Dienstagnachmittag viral gingen, zeigen Hunderte von Menschen, die unter der sengenden Sonne für eine Fahrt mit der Seilbahn zur Seceda-Alm Schlange stehen. Getrieben sind sie aber nicht von der Leidenschaft für die Berge, sondern von demTamtam der Sozialen Medien, um das berühmte Zugangsdrehkreuz.
Denn: Bereits vor dem viralen Video sorgte ein symbolischer Protest für Aufsehen: Südtiroler Almbesitzer errichteten ein nicht aktiviertes Drehkreuz an einem der meistfotografierten Punkte nahe der Seceda – als Zeichen gegen Umweltbelastung, überfüllte Wege und mangelnde Unterstützung durch Behörden. Der Zugang blieb frei, doch die Botschaft war klar.
Doch die Aktion hatte einen gegenteiligen Effekt: Sie ging viral und zog noch mehr Touristen an. Alle hätten darüber gesprochen, so Carlo Zanella, Präsident des italienischen Alpenvereins CAI. Nur für ein Foto hochzusteigen, findet der CAI-Präsident verkehrt. Viele würden oben nicht einmal einen Spaziergang machen. Laut Zanella liegt die Wurzel des Problems in den Sozialen Medien: „Die Menschen gehen dorthin, wo andere hingehen. Wir sind Schafe. Ich hingegen gehe dorthin, wo andere nicht hingehen.“
Zanella kritisiert den Andrang scharf. Früher seien Bergtouristen vorbereitet gewesen, mit passender Kleidung und Karten, besonders die deutschen, sagte er in der Tageszeitung „Corriere della Sera“. Heute kämen viele mit Sandalen und Sonnenschirm auf die Seceda. „So sollten die Berge nicht sein. Heute sind sie voller Unvorbereiteter und Proleten“, so Zanella.
Zudem sorgt der geplante Ausbau der Seilbahn auf die Seceda für weiteren Zündstoff: Die Kapazität soll verdreifacht werden, um den Andrang im Sommer besser zu bewältigen. Die Provinz Bozen hat unterdessen eine Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt. Für Zanella der falsche Weg: Statt mehr Menschen nach oben zu bringen, solle man besser informieren und lenken: „Der Tourist muss Bildung und Respekt haben. Auf diese Weise würden sie die Wiesen und den Wald respektieren und weniger lästig sein.
Zanella selbst verbringt seinen Urlaub schon längst nicht mehr in Südtirol. „Hier in Südtirol verbringe ich keine Woche mehr in den Bergen. Es herrscht zu viel Chaos, die Preise sind verrückt, du gehst in eine Hütte oder in eine Berghütte zum Essen und sie schröpfen dich.“ Er flüchtet nach Venetien. In seinem Hotel, so sagt er, waren viele, die wie er Südtirol den Rücken gekehrt haben.