Wie 3D-Druck die Medizin verändert

von Redaktion

Medizintrend Bioprinting: Haut, Knorpel und Ohrmuscheln aus der Maschine

Eine künstliche Baby-Herzklappe, die in einem 3D-Drucker aus veganem Kollagen hergestellt wurde. © Deck/dpa

Karlsruhe – Selbst mit einer Pinzette ist die künstliche Baby-Herzklappe kaum zu greifen, so winzig ist sie. Und doch sei alles dran, was ein Arzt zum Einnähen bräuchte, erklärt Ute Schepers vom Institut für Funktionelle Grenzflächen am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Erstellt wurde die Herzklappe in einem modernen 3D-Drucker. Das Ausgangsmaterial stamme von Kollagen produzierenden Bakterien. In das sogenannte 3D-Bioprinting werden große Hoffnungen gesetzt. Nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) könnte es helfen, um Herausforderungen wie die Reparatur oder den Ersatz menschlicher Organe und Gewebe zu bewältigen.

■ Wie funktioniert Bioprinting – und was wird da genau „gedruckt“?

Mit 3D-Druckverfahren werden lebende Zellen mit Hilfsstoffen, die ein Gerüst bilden, zu größeren Gewebestrukturen „gedruckt“. Dafür gibt es verschiedene Technologien. Beim Inkjetverfahren werden sogenannte Biotinten als winzige Tröpfchen über mehrere Druckköpfe schichtweise auf ein Substrat aufgetragen.

■ Wie kann das zum Beispiel aussehen?

Am KIT forscht man unter anderem zur Hornhaut des Auges, Cornea genannt. Am Ende sollen für Menschen mit Cornea-Erkrankungen maßgeschneiderte und funktionsfähige Hornhäute entstehen, die nur ein minimales Risiko von Abstoßungsreaktionen haben. Das liegt laut Schepers daran, dass die verwendeten Zellen vom betroffenen Patienten stammen. Aus einem Hautstück könnten in etwa vier Wochen sogenannte induzierte pluripotente Stammzellen erstellt werden.

■ Werden bald menschliche Organe auf Knopfdruck hergestellt?

Nein. Auch wenn 3D-gedruckte Organteile wie Haut oder Knorpel teilweise schon erfolgreich eingesetzt werden, reichen die derzeit zur Verfügung stehenden Materialien und Methoden noch bei weitem nicht aus.

■ Was ist das Problem?

Im Labor herrschen sterile Bedingungen, Zellen können mit Nährlösungen gewissermaßen gedüngt werden, wie Niels Grabow erklärt. „Aber nach einer Transplantation muss das Konstrukt in Wechselwirkung mit dem Organismus funktionieren“, sagt der Sprecher des Fachausschusses Biomaterialien und medizinische Implantate der Deutschen Gesellschaft für Biomedizinische Technik. Die Cornea sei mehr oder weniger zweidimensional, sagt Grabow, der am Institut für Biomedizinische Technik der Universitätsmedizin Rostock ebenfalls zur Hornhaut forscht. „Da hat man hohe Chancen, dass man die Versorgung vergleichsweise gut hinbekommt.“ Je weiter man aber in den Körper hineingehe und je größer die Organe würden, desto schwerer werde etwa die Anbindung an Blutgefäße.

■ Gibt es schon reale Einsatzbeispiele an Menschen?

Bislang beschränkt sich das laut Grabow auf Einzelstudien zum Beispiel zur Hornhaut. „Hier sind die Hürden vergleichsweise niedrig, um an Patienten zu gehen, da das Transplantat von außen zugänglich bleibt.“ Meist umfassen die Studien demzufolge nur wenige Betroffene. „Ein großer Teil aktueller Studien befasst sich mit der Herstellung spezifischer Gewebe wie Knochen, Knorpel, Haut oder anderer Organe“, heißt es in der BMBF-Broschüre. Erste Anwendungsfälle wie die Transplantation einer 3D-gedruckten Ohrmuschel aus Zellen des Patienten seien schon umgesetzt.

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