Power für den Glauben

von Redaktion

Smarte Influencer-Priester suchen sich im Internet eine neue Gemeinde

Don Cosimo Schena hat auf Instagram 460 000 Follower. © doncosimoschena/instagram

Bekannt als „Don TikTok“: Ambrogio Mazzai (34). © Instagram

Rom – Cosimo Schena (46) ist ein smartes Mannsbild. Wenn der bärtige Mann stolz seine Bizeps im hellblauen Shirt anspannt, fällt auf den zweiten Blick eine Besonderheit auf: Die weiße Kragenblende unterhalb seines Kinns identifiziert den gutaussehenden Italiener als Priester. Don Cosimo aus Brindisi in Apulien gehört zu den Influencer-Priestern, die im Internet ganz neue Gemeinden versammeln und vor allem junge Menschen erreichen wollen.

Don Cosimo mit dem strahlenden Lächeln zeigt sich auf Instagram auch stehend im Eingang einer Kirche, in einem eng geschnittenen schwarzen Anzug, mit blank geputzten Schuhen, schwarzem Priesterhemd und weißem Kragen. Das komplette Gegenteil von dem Don Camillo aus den Erzählungen des Schriftstellers Giovannino Guareschi, die verfilmt mit dem Schauspieler Fernandel in den 50er-Jahren Hochwürden mit üppigem Ranzen und langem, staubigem Priesterkleid zeigten.

■ Mit definierten Muskeln, Motorrad und Tattoos

Während die Zahl der Gläubigen in der westlichen Welt sinkt, sucht die katholische Kirche nach neuen Wegen, auf denen sie junge Menschen erreichen kann. Eine Möglichkeit kann das Internet sein, wo Influencer-Priester mit definiertem Fitness-Körper, mit Motorrad, Tattoos und Handy bei Instagram, TikTok oder auf YouTube über den christlichen Glauben sprechen, das Evangelium auslegen.

Auch der Vatikan hat diese Möglichkeit inzwischen für sich entdeckt. Vor Kurzem erst gab es beim Weltjugendtreffen im Vatikan den ersten Gottesdienst für „Digital-Missionare“ im Petersdom. 1400 junge Influencer waren gekommen. Auch der neue Papst Leo XIV. kennt hier keine Berührungsängste. Sie sollten sich an der Mission der Kirche beteiligen, den Frieden überall zu suchen und zu verkünden, ermunterte der Papst die jungen Glaubenszeugen. „Wir haben die Pflicht, zusammenzuarbeiten und gemeinsam ein zeitgemäßes Denken und eine zeitgemäße Sprache zu entwickeln, die der Liebe eine Stimme gibt“, sagte er.

Freilich weiß der Papst auch um die Gefahren des weltweiten Netzes. Immer wieder hat er in den knapp 100 Tagen seit seiner Wahl auf die Gefahren der Künstlichen Intelligenz und der Internet-Sucht aufmerksam gemacht. Aber er sieht auch die Chancen, „Netze der Beziehungen, der Liebe und der Wahrheit“ zu knüpfen. Nicht ohne darauf hinzuweisen, dass in ihnen „die Logik der Spaltung und der Polarisierung, des Individualismus und Egozentrismus“ überwunden werden müsse.

Wie Don Cosimo mit seinen mehr als 460 000 Followern, folgen auch „Don TikTok“ auf Instagram mehrere hunderttausend Menschen. Der 34-jährige Don Ambrogio Mazzai, so sein eigentlicher Name, sorgt mit Kurzpredigten in Lederjacke, auf dem Rennrad oder dem Motorrad, auch schon mal mit einem Glas Wein in der Hand, für Aufmerksamkeit. Don Cosimo hingegen ist als „Priester der Poesie“ bekannt, setzt auf seinen eleganten Stil, seinen Charme und auch auf seine flauschigen Hunde. Beide Geistliche bewegen sich aber nicht nur im weltweiten Netz – sie kümmern sich auch noch um ganz handfeste Gemeinden.

Am 7. September bekommt die katholische Kirche sogar einen eigenen Internet-Heiligen: Dann wird Carlo Acutis, der als 15-Jähriger 2006 an Leukämie gestorben ist, von Papst Leo heiliggesprochen. Der Schüler sollte eigentlich schon am 27. April in den Kreis der Heiligen aufgenommen werden, doch wegen des Todes von Papst Franziskus wurde die Zeremonie in den Herbst verschoben. Acutis hatte als Schüler eine tiefe Verbundenheit zur Eucharistie entwickelt und mit elf Jahren dazu eine eigene Website erstellt. Seine Frömmigkeit, seine Hilfsbereitschaft und seine digitale Kreativität beeindruckten viele Menschen. 2020 wurde er von Papst Franziskus seliggesprochen.

Seine Verehrung nahm allerdings auch mitunter zweifelhafte Züge an: Sein Körper wurde 2019 exhumiert und mit Silikon so wieder hergerichtet, dass er zwischenzeitlich wie schlafend im gläsernen Sarg in Assisi aufgebahrt wurde. Eine Reliquie mit seinem Herzen wurde 2024 auf „Europa-Tour“ geschickt und war am 21. Juli 2024 auch in der Heilig-Geist-Kirche in München zu sehen. CLAUDIA MÖLLERS

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