Junge Leute so unglücklich wie nie

von Redaktion

Glücksforscher warnen: Mentale Belastung bei 20- bis 30-Jährigen am höchsten

New York – Junge Erwachsene sind heute im Schnitt deutlich unglücklicher, als sie es in den Vorjahren waren. Ein Team um den Glücksforscher David Blanchflower vom Dartmouth College in den USA beschreibt im Fachjournal „PLOS One“ eine Trendwende. Lange ließ sich demnach die Unzufriedenheit von Menschen in einer Art Hügel darstellen: Sie nahm mit einigen Schwankungen bis zum mittleren Alter von etwa 50 Jahren – der sogenannten Rush Hour des Lebens – zu und danach wieder deutlich ab. Das galt sowohl für Industrie- als auch Entwicklungsländer, wie in verschiedenen Studien untersucht wurde.

Sprich: Den jungen und alten Menschen ging es im Schnitt gut, den mittelalten, die oft Karriere, Kindererziehung und Altenpflege jonglieren, ging es schlechter – Sorgen, Depressionen und Stress kamen bei ihnen häufiger vor. So weit, so normal. Nun sieht die Kurve im Groben anders aus: Junge Erwachsene sind am unzufriedensten, im Alter werden die Menschen glücklicher.

Die Forscher analysierten für die aktuelle Studie umfangreiche Befragungsdaten von Erwachsenen in Großbritannien und den USA zu deren psychischer Gesundheit. Zudem wurden ähnliche Daten der „Global Minds“-Studie von fast zwei Millionen Menschen aus 42 weiteren Ländern hinzugezogen, aus denen sich dem Team zufolge ableiten lässt, dass es sich bei der beschriebenen Veränderung um ein weltweites Phänomen handelt.

Makroökonom und Glücksforscher Karlheinz Ruckriegel von der Technischen Hochschule Nürnberg hält die Ergebnisse der Studie für „sehr besorgniserregend“. Andere Studien hätten bereits ähnliche Tendenzen gezeigt. „Die Evidenz ist schlagend“, sagt er.

Aber weshalb geht es den Jüngeren heute so viel schlechter als noch vor einigen Jahren? „Die Gründe für diese Veränderung sind umstritten, aber wir sind besorgt, dass es heute eine ernsthafte Krise der psychischen Gesundheit unter jungen Menschen gibt, die angegangen werden muss“, schreiben Studienautor Blanchflower und seine Kollegen – und führen drei mögliche Gründe an: langfristige Nachwirkungen der Finanzkrise auf jüngere Generationen auf dem Arbeitsmarkt, Auswirkungen der Beschränkungen während der Corona-Pandemie sowie die Auswirkungen der von Jüngeren viel genutzten Sozialen Medien.

Eine übermäßige Nutzung Sozialer Medien sieht der unabhängige Forscher Ruckriegel ebenfalls als großen Einflussfaktor an. Jugendliche würden sich dort ständig vergleichen, mit anderen oder mit unrealistischen Idealen. „Wir wissen, dass diese Vergleiche hochproblematisch sind für unser Wohlbefinden.“ Ähnlich ordnet dies die Soziologin Hilke Brockmann von der Bremer Constructor Universität ein, die darin auch einen Grund dafür sieht, dass bei Mädchen und jungen Frauen die Unzufriedenheit besonders ausgeprägt ist. In den Sozialen Medien würden Mädchen auf ihre Optik reduziert oder sexualisiert.

Artikel 7 von 11