„Schlumpf-Spray“ färbt Angreifer tagelang blau. © NTV
Amsterdam – Ein Übergriff erschüttert derzeit die Niederlande und löst eine Welle der Verunsicherung aus. Eine junge Frau war nach einer Party mit dem Fahrrad unterwegs, als ein 22-Jähriger sie verfolgte und erstach. Als Reaktion kaufen niederländische Frauen derzeit massenhaft ein blaues Selbstverteidigungs-Farbspray, das Täter bis zu drei Tage lang deutlich sichtbar kennzeichnet – das „Schlumpf-Spray“.
Zahlreiche Geschäfte sind komplett ausverkauft, berichten niederländische Medien. Darunter auch der Shop von Thalissa L., der „Veilige Vriendin“ (auf Deutsch: „sichere Freundin“) heißt. „Ich bin sehr froh und dankbar, dass wir Sicherheitsprodukte verschicken können, aber gleichzeitig ist der Grund dafür nicht angenehm“, erklärte sie im Gespräch mit der niederländischen Zeitung „De Telegraaf“.
Der Grund für die Popularität des Farbsprays liegt auch in der niederländischen Rechtslage: Pfefferspray ist dort illegal. Das „Schlumpf-Spray“ hingegen ist erlaubt, da es keine Reizstoffe enthält, sondern hauptsächlich aus Lebensmittelfarbe besteht. Bei der Anwendung verwandelt sich die blaue Flüssigkeit beim Hautkontakt in eine schaumartige Substanz, vergleichbar mit Rasierschaum. Dies soll den Betroffenen einen entscheidenden zeitlichen Vorsprung zur Flucht verschaffen, da die Sicht des Angreifers temporär beeinträchtigt wird. Zusätzlich haften die blauen Pigmente mehrere Tage auf der Haut und erleichtern so die Identifizierung von Tätern.
In Deutschland ist die Rechtslage bezüglich Pfefferspray komplexer. Der Besitz und die Führung sind ab einem Alter von 14 Jahren legal, sofern das Spray als Tierabwehrspray deklariert ist. Der Einsatz ist jedoch ausschließlich in Notwehrsituationen zur Selbstverteidigung gestattet. Als Notwehr gilt dabei nur die Abwehr eines unmittelbaren körperlichen Angriffs. Als Alternative ist sogenanntes CS-Gas erhältlich, das zum Einsatz gegen den Menschen zugelassen ist – allerdings ebenfalls ausschließlich zur Notwehr.
Bei unberechtigtem Einsatz drohen in Deutschland empfindliche Strafen. „Wer unberechtigt Pfefferspray einsetzt und andere verletzt, macht sich wegen gefährlicher Körperverletzung strafbar“, warnt beispielsweise Rechtsanwalt Udo Vetter bei Euronews. Diese werde mit einer Mindeststrafe von drei Monaten Gefängnis geahndet.
Der Boom des „Schlumpf-Sprays“ in den Niederlanden spiegelt ein weltweites Problem wider: Frauen fühlen sich im öffentlichen Raum nach wie vor oft unsicher. Manche Städte reagierten bereits: München führte zeitweise Taxi-Gutscheine für Frauen ein, damit diese nachts nicht nach Hause laufen oder für den Heimweg öffentliche Verkehrsmittel nutzen mussten, stoppte das Programm aber wegen der hohen Nachfrage wieder.SANDRA SPORER