Dr. Nils Bronhofer ist Anwalt für Arbeitsrecht.
Andy Byron und Kristin Cabot Arm in Arm beim Konzert.
Laurent Freixe wurde von Nestlé entlassen. © Monnet/AFP
Liebe am Arbeitsplatz: Generell verboten ist sie nicht, aber Firmen könnten einen Verhaltenskodex aufstellen. © Imago Stock/imago/Westend61
München – Liebesbeziehungen am Arbeitsplatz gelten oft als Chance für einen Karrieresprung. Jüngste Beispiele zeigen jedoch, dass sie auch als Karriere-Aus enden können. Erst kürzlich trennte sich der Schweizer Großkonzern Nestlé von seinem Chef Laurent Freixe, als seine Liebesbeziehung zu einer Mitarbeiterin ans Licht kam. Dies verstoße gegen den Verhaltenskodex, wie Nestlé in einer Pressmitteilung erklärte. Ein anderes Beispiel schlug vor wenigen Wochen hohe Wellen. Der ehemalige CEO des US-Softwareunternehmens Astronomer, Andy Byron, geriet in die Publikumskamera bei einem Konzert der Band Coldplay. Darauf war er zu sehen, wie er seine Personalchefin Kristin Cabot im Arm hält. Beide waren zwar verheiratet, nur nicht miteinander. Byron und Cabot traten beide daraufhin von ihren Stellen zurück und sind seitdem mehr oder weniger von der Bildfläche verschwunden.
Beziehungen am Arbeitsplatz werden oft kritisch gesehen, da sie auch als Druckmittel genutzt werden können. Große internationale Unternehmen setzen deswegen oft auf einen Verhaltenskodex, der Liebesbeziehungen im Kollegium regelt. Doch was sagt das Gesetz zu dem Thema? Dr. Nils Bronhofer, Anwalt für Arbeitsrecht, ordnet Liebesbeziehungen und Affairen ein.
Herr Bronhofer, dürfen Arbeitskollegen eine Liebesbeziehung eingehen?
Grundsätzlich gibt es kein Gesetz, das eine Liebesbeziehung am Arbeitsplatz verbietet. Regeln im Arbeitsvertrag oder sonstige Vereinbarungen sind in Deutschland auch nicht üblich und wären auch unwirksam. In den USA mag das beispielsweise anders sein.
Gibt es Einschränkungen?
Die Beziehung muss einvernehmlich sein und auf Augenhöhe geführt werden. Sie darf also nicht zustande kommen, wenn sich jemand nur darauf einlässt, weil er um seinen Job fürchtet. In der arbeitsrechtlichen Praxis kommen durchaus Fälle vor, in denen durch „Druck von oben“ Beziehungen oder private Treffen angestoßen wurden.
Wann wird es hier problematisch?
Wenn der Vorgesetzte seine Machtposition ausnutzt, um die Beziehung aufrechtzuerhalten, beginnen die arbeitsrechtlichen Probleme. Denn der oder die Vorgesetzte macht sich einer schweren Pflichtverletzung schuldig. Die fristlose Kündigung kann in solchen Fällen nach entsprechender Anhörung des Vorgesetzten die Folge sein.
Muss ich eine einvernehmliche Beziehung melden?
Eine Verpflichtung dazu besteht nicht. Dennoch ist es möglich, dies zu tun. Auch anonymisiert, beispielsweise über den Betriebsrat. Seit 2023 sind Informanten rechtlich geschützt und müssen keine Angst um das Arbeitsverhältnis haben – ganz egal, ob Sie selbst Teil der Liebesbeziehung sind oder eine unrechte Liebesbeziehung beim Arbeitgeber anzeigen möchten.
Muss auch schon ein Kuss auf der Firmenparty gemeldet werden?
Auch ein Kuss auf einer Firmenveranstaltung kann schon dazu berechtigen, dies dem Arbeitgeber zu melden. Ganz generell gilt bei allen Feiern und Partys innerhalb der Firma größte Vorsicht.
Wann darf der Arbeitgeber eingreifen?
Wenn in der Beziehung Macht ausgenutzt wird oder problematische Verhältnisse vorliegen, muss der Arbeitgeber sogar seiner Fürsorgepflicht nachkommen und die unterlegene Person schützen. Nach Anhörung des anderen Parts kann eine Abmahnung oder Kündigung folgen.
Wie ist die Rechtslage bei Sex am Arbeitsplatz?
Der Arbeitgeber ist auch für die restlichen Kollegen verantwortlich. Fühlt sich jemand zu Recht durch die Liebesbeziehung gestört, dann muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass die Interessen der Kollegen geschützt sind. Hierzu gehört natürlich auch Sex am Arbeitsplatz, erst recht dann, wenn er von anderen beobachtet wird.
Was ist, wenn Arbeitszeit für die Beziehung draufgeht?
Grundsätzlich muss jeder Arbeitnehmer während der vereinbarten Arbeitszeit Leistung erbringen. Privates Tun gehört hier nicht dazu. Kommt eine private Situation im Arbeitsalltag „dazwischen“, so sollte man die Arbeitszeit nachholen.