Freundlich, aber noch unergründlich: Papst Leo XIV. wird am Sonntag 70 Jahre alt. © Gregorio Borgia/dpa
Vatikanstadt – Leo XIV. setzt durchaus eigene Akzente: Er wird anders als sein Vorgänger Franziskus in den Apostolischen Palast einziehen. Wenn auch nicht in eine Augustiner-WG, wie vor Kurzem gemutmaßt und jetzt dementiert wurde. Er hat im heißen Sommer auch die erfrischende Atmosphäre der päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo in den Albaner Bergen genutzt, die sein Vorgänger gemieden hatte. Pool und Tennisplatz soll es dort (wieder) geben. Der gebürtige Amerikaner, der am 8. Mai zum Papst gewählt worden war und am Sonntag 70 Jahre alt wird, legt Wert auf Tapetenwechsel und sportliche Betätigung.
Das neue Kirchenoberhaupt führt aber auch jede Menge Gespräche – mit Staatsmännern und -frauen, mit Kirchenführern. Um sich ein umfassendes Bild von Kirche und Welt zu machen. So sprach Leo XIV. in der vergangenen Woche erst mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, dem Limburger Bischof Georg Bätzing, einem starken Unterstützer des Synodalen Wegs. Aber er empfing auch am vergangenen Montag den Passauer Bischof Stefan Oster, einen der erwiesenen Kritiker des Reformkurses. Das scheint ein Prinzip des neuen Papstes zu sein: Er will alle Seiten hören. Und jeder, der Leo begegnet, lobt ihn als aufmerksamen Zuhörer.
Doch vier Monate nach seiner Wahl sind seine kirchenpolitischen Leitlinien noch immer ein Rätsel. In der katholischen Kirche warten die Gläubigen mit wachsender Ungeduld darauf, welche Konsequenzen er aus seinen vielen Gesprächen ziehen wird. In diesem Monat rechnet man nicht nur damit, dass er seine Wohnung im Apostolischen Palast bezieht. Man hofft auch auf ein päpstliches Schreiben, vielleicht eine erste Enzyklika, in der Robert Francis Prevost Position bezieht.
Die vergangenen Monate waren allerdings auch weltpolitisch turbulent. Sich als Kirchenoberhaupt zurückzuziehen und seine Gedanken zu ordnen, wie die Zukunft der Weltkirche mit allen Problemen der Moderne, mit Priestermangel im Westen, mit wachsenden Gemeinden im Südosten, aussehen soll, dürfte schwierig gewesen sein. Die Kriege und drohenden Konflikte vielerorts auf dem Planeten haben den Papst immer wieder zu aktuellen Stellungnahmen, dringenden Gesprächen und Beratungen im Hintergrund gezwungen. In den vergangenen Wochen war der Vatikan mehrfach als möglicher Ort für Friedensgespräche zwischen der Ukraine und Russland im Gespräch. Der Papst wäre dazu bereit, hieß es.
Am Montag erst hatte sich Leo XIV. eigentlich für einen Tag in die Sommerresidenz zurückziehen wollen. Doch als am Dienstag Israel in Katar Hamas-Vertreter angriff, stürzte das die Welt wieder in Turbulenzen. Der Papst kommentierte die Lage vor italienischen Medien als „sehr ernst“.
Auch mit 70 Jahren ist Leo XIV. noch immer ein relativ junges Oberhaupt der katholischen Kirche. Eines, das medial nicht so präsent ist wie sein Vorgänger Franziskus. Eher ein Mann der leiseren Töne. Aber auch einer, der zu Selbstironie in der Lage ist. So wundert er sich anscheinend nach wie vor über sein neues Amt. „Vielleicht fragen sich einige von Ihnen immer noch: Warum wurde ich gewählt?“, sagte er am Donnerstag vor knapp 200 im vergangenen Jahr ernannten Bischöfen. „Ich frage mich das jedenfalls immer noch“, so der Pontifex bei einer Audienz für die Teilnehmer des sogenannten „Baby-Bischofs-Kurses“. Wie er seinen 70. Geburtstag begehen wird, scheint noch unklar. Um 12 Uhr wird er wie jeden Sonntag das Angelus-Gebet mit einer kurzen Ansprache halten. Am Abend ist eine Gedenkfeier für neue Märtyrer. CLAUDIA MÖLLERS