Kegeln? Gerne! Nur nicht im Verein. © Mauritius
Viele junge Mädchen stricken wieder gern. © IMAGO
Gartenarbeit ist für viele junge Menschen das neue Glück. Nicht selten wird die erfolgreiche Ernte dann auch im Netz gepostet. © Mauritius Images
Berlin – Abgestaubte Hobbys oder neuer Hype auf Social Media? Einige Freizeitaktivitäten, die man eher Oma und Opa zuordnen würde, werden gerade wieder beliebter. Der Shell-Jugendstudie aus dem Jahr 2024 zufolge setzt sich der Trend zu mehr digitaler Beschäftigung bei den 14- bis 25-Jährigen zwar fort – in den Sozialen Medien werden aber ausgerechnet immer mehr bewährte Hobbys geteilt.
Wer heute auf TikTok oder Instagram scrollt, könnte meinen, Omas Handarbeitskreis hat sich unter die Generation Z gemischt. Überall Wolle, Nadeln, selbst gemachte Sauerteige, fermentierte Gurken und liebevoll bepflanzte Balkonkästen. Stricken, Sticken, Gärtnern, Kegeln – Hobbys, die lange in den Verdacht gerieten, „verstaubt“ zu sein, feiern gerade eine erstaunliche Rückkehr.
Besonders Stricken findet viel Beachtung. Auf Social Media gibt es darum selbst gemachte Decken, Kuscheltiere und knappe Tops in bunten Farben. Zu denjenigen, die solche Beiträge veröffentlichen, gehören auch Lilly und Julia Schwarzkopf. Die beiden Schwestern aus dem bayerischen Aschaffenburg zählen auf ihrem Instagram-Account „Lesfillesducoeur“ rund 93 000 Follower.
Freizeitforscher Ulrich Reinhardt: Junge Menschen „lassen sich stärker von Trends oder Social Media inspirieren“. Weil der Alltag digital, hektisch und algorithmisch gefiltert ist, sehnen sich viele nach Tätigkeiten, die das genaue Gegenteil verkörpern: langsam, handfest, selbst gemacht. „Selbermachen“ heißt das neue Statussymbol.Was früher als „altbacken“ galt, gilt heute als Ausdruck von Selbstbestimmung und Nachhaltigkeit. Wer strickt, fermentiert oder puzzelt, widersetzt sich der Logik der Dauerverfügbarkeit – und genau darin liegt der Reiz.
Auch der Garten – oder zumindest der Balkon mit Kräutertöpfen – wird zum Sehnsuchtsort einer Generation, die zwischen globaler Klimakrise und hoher Miete nach Erdung sucht.
Ebenfalls im Trend: Kegeln. Der Reiz des Retro-Sports liegt im Gemeinschaftsgefühl. Nur im Kegelverein will sich die Jugend dann doch nicht engagieren. „Wenn es auf der Kegelbahn voll ist, und viele da sind und mitmachen, dann heißt das noch lange nicht, dass wir sehr viele Mitglieder haben“, erklärt Michael Hohlfeld, Sprecher des Deutschen Kegler- und Bowlingbund (DKB).
Auch Freizeitforscher Reinhardt kann das bestätigen. Junge Menschen wünschen sich ihm zufolge mehr Flexibilität. „Das Bedürfnis nach Gemeinschaft und Sinn ist vorhanden – nur die Formen des Engagements haben sich verändert. Projektbezogene Mitwirkung, zeitlich begrenzte Aufgaben oder hybride Beteiligung sind heute deutlich attraktiver.“
Dass Freizeitaktivitäten wie Kegeln oder Stricken in ihrer Beliebtheit schwanken, erklärt Reinhardt damit, dass sie immer auch ein Spiegel der Gesellschaft seien. In Phasen von Unsicherheit oder Überforderung suche man gezielt nach Hobbys, die entschleunigen und Kraft geben – etwa Gärtnern, Wandern oder Stricken, sagt er.
Wer einem Hobby nachgehe, handle selbstbestimmt, so Freizeitforscher Reinhardt. Denn man wähle dieses aus freien Stücken. Und es gibt noch einen guten Grund, das Smartphone öfter mal zur Seite zu legen – und das gilt nicht nur für junge Menschen: 80 Prozent der Menschen mache ihr Hobby glücklich. „Genau das macht es so wertvoll“, erklärt Reinhardt.DPA, CJM