Kämpft um seinen Ruf: Juan Carlos. © Lavandeira/EPA
Altkönig im Abseits: Seine Familie hat weitgehend mit dem Altkönig gebrochen. © JULIEN/Afp
Affären, Geldspende und umstrittene Safaris: Spaniens Altkönig Juan Carlos hat in der Vergangenheit für viele Skandale gesorgt. © Target Press/ddp
Elf Jahre nach seinem Rücktritt meldet sich Spaniens ehemaliger König Juan Carlos I. mit seiner Autobiografie „Reconciliación“ (dt. „Versöhnung“) zurück – und sorgt erneut für Aufsehen. Das Buch, das Anfang November in Frankreich erschien und im Dezember auch in Spanien veröffentlicht wird, ist weniger eine Beichte als ein Versuch, die eigene Geschichte zurückzuerobern. „Ich habe das Gefühl, meine Geschichte wird mir gestohlen“, schreibt der heute 87-Jährige. Doch wer Reue erwartet, wird enttäuscht. Zwar gesteht der Ex-Monarch „Fehler“ in seiner Regierungszeit ein – etwa die Annahme eines millionenschweren „Geschenks“ aus Saudi-Arabien im Jahr 2008, das später zu einem seiner größten Skandale führte. Doch die Tonlage bleibt defensiv, der Tenor: Missverständnisse, keine Schuld. Juristische Verantwortung weist er zurück, moralische räumt er nur vage ein.
Deutlich schärfer werden die Passagen, in denen Juan Carlos seine Familie kritisiert. Seinem Sohn, König Felipe VI., wirft er vor, ihn „aus Pflichtgefühl im Stich gelassen“ zu haben. „Es schmerzt mich, ihn so gefühllos im Persönlichen zu sehen“, heißt es im Buch. Auch gegenüber Königin Letizia spart er nicht mit Andeutungen, sie habe die Distanz zwischen Vater und Sohn vertieft. In diesen Passagen überwiegt die Verbitterung über den eigenen Bedeutungsverlust. Während er sich als Vater der spanischen Demokratie stilisiert, vermeidet er es, die familiäre Krise als Folge seiner eigenen Skandale – von Jagdreisen bis zu Finanzaffären – zu reflektieren. Aber von Ehefrau Sofia schwärmt er in den höchsten Tönen: „Es gibt keine ihresgleichen in meinem Leben, und so wird es bleiben, auch wenn unsere Wege sich seit meinem Weggang aus Spanien getrennt haben … Sie ist die Mutter meiner Kinder, eine außergewöhnliche Königin, und eine unersetzliche emotionale Bindung. ,Sofi’ ist die Verkörperung von Rechtschaffenheit, Güte, Strenge, Hingabe und Wohlwollen. Die Inkarnation der Seelengröße.“
Politisch betrachtet ist Reconciliación ein Versuch der Selbsthistorisierung. Juan Carlos betont seine Rolle beim demokratischen Übergang nach Francos Tod: „Die Demokratie fiel nicht vom Himmel.“ Über den Diktator spricht er mit bemerkenswerter Milde – er zolle ihm „Respekt“ für die Stabilität, die dessen System ihm ermöglicht habe. Das sorgt bereits vor Erscheinen in Spanien für Kritik. Zentrale Kapitel widmen sich dem gescheiterten Militärputsch von 1981, seiner Abdankung 2014 und dem freiwilligen Exil in Abu Dhabi seit 2020. Doch an keiner Stelle äußert er echte Selbstzweifel. Die Schuld an seinem Sturz sieht er vor allem in der „Undankbarkeit der Öffentlichkeit“ und in „den Medien, die Skandale suchten“.
In Spanien wird nun diskutiert, ob das Buch die Kluft zwischen dem emeritierten König und der Krone vertieft. König Felipe VI. schweigt bislang, doch im Umfeld des Palasts heißt es, man wolle „kein Öl ins Feuer gießen“. Sein größter Wunsch – eine Rückkehr nach Spanien – scheint immer noch in weiter Ferne. Juan Carlos, so traurig es für ihn ist, gibt zu: „Die Bedingungen dafür sind nicht erfüllt.“