Rätsel um tote Braunbären im Trentino

von Redaktion

Immer mehr Fälle von Wilderei – Italienische Justiz ermittelt gegen Provinz-Präsidenten

Ein Bär läuft durch ein hügeliges Gebiet im Trentino – dort leben die Tiere mittlerweile gefährlich. © Zeni/dpa

Rom – Der Tod mehrerer Braunbären beschäftigt die Justiz im Trentino. Seit vergangenen Freitag ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Präsidenten der Autonomen Provinz Trento, Maurizio Fugatti, wegen der Tötung des Bären M90 „durch Grausamkeit oder ohne Notwendigkeit“. Nach dem italienischen Strafgesetzbuch steht darauf eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu drei Jahren.

Das im Januar 2024 von der örtlichen Forstwache im Val di Sole erschossene Tier soll laut Autopsie noch lange nach dem Abschuss gelebt haben und bis zu seinem Tod „qualvolles Leid“ ertragen haben. Neben Fugatti wird auch gegen zwei Vorgesetzte der Forstwache ermittelt. Die Beamten hatten M90 im Februar 2024 abgeschossen, der Provinzhauptmann hatte kurz zuvor den Befehl dazu gegeben.

M90 hatte Ende Januar zwei Wanderer auf einem Forstweg nahe der Ortschaft Mezzana verfolgt. Mezzanas Bürgermeister Giacomo Redolfi verteidigte das Vorgehen der Provinzverwaltung. Er sagte: „Das Exemplar hat uns so viel Ärger bereitet, dass es meiner Meinung nach ohne Zweifel als gefährliches Exemplar eingestuft werden kann.“ M90 habe nicht zum ersten Mal Wanderer angegriffen. Erst im Juli hatte das Parlament in Rom die Strafe für Misshandlung und Tötung von Tieren erhöht und Tiere als „empfindungsfähige Wesen“ anstatt als bloße Objekte anerkannt.

„Die Feindseligkeit gegenüber Wölfen und Bären nimmt zu und hat ein Konfliktniveau erreicht, das in der jüngeren Geschichte des Trentino beispiellos ist“, schreibt der „Corriere del Trentino“. Schätzungen zufolge gibt es im Adamello-Brenta-Gebiet derzeit rund 100 erwachsene Tiere, die Zahl der Jungtiere ist nicht genau bekannt. Im Rahmen des Ansiedelungs-Projektes Life Ursus wurden um das Jahr 2000 im Trentino zehn slowenische Braunbären freigelassen, die sich rascher vermehrten als geplant. Immer wieder kam es in jüngerer Zeit zu teilweise gefährlichen Begegnungen zwischen Bären und Menschen. Offenbar gibt es auch immer mehr Fälle von Wilderei.

Seit dem Tod von Andrea Papi, der im April 2023 von der Bärin JJ4 bei Caldes getötet wurde, sind mehr als ein Dutzend Bären unter verdächtigen Umständen ums Leben gekommen. Die norditalienische Justiz geht nun auch gegen mutmaßliche Wilderer vor. Vor Tagen wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Trento gegen einen 48 Jahre alten Jäger aus Pergine Valsugana ermittelt, der im Oktober 2023 den Braunbären MJ5 im Val di Non ohne Genehmigung erschossen haben soll.

Der Tod von Papi durch die Bärin JJ4 stellte einen Wendepunkt dar. JJ4 ist die Schwester des vor 20 Jahren bei Berchtesgaden erlegten „Problembären“ Bruno. JJ4 sollte abgeschossen werden, das Verwaltungsgericht stoppte den Plan. Seit Juli lebt sie in einem Gehege des Wolf- und Bärenparks nahe Freudenstadt. Im Frühjahr 2024 hatte das Regionalparlament der Provinz Trentino ein Gesetz verabschiedet, das den Abschuss von acht Braunbären pro Jahr erlaubt, darunter auch vier Jungtiere. Die Abschüsse können angeordnet werden, wenn die „Gefährlichkeit“ eines Tieres festgestellt worden ist.JULIUS MÜLLER-MEININGEN

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