In den verkohlten Ruinen der Hochhäuser werden hunderte Menschen vermisst. © DALE DE LA REY/Afp
Hongkong – Während im Hintergrund die Hochhaustürme brennen, sich Rauchschwaden über den Hongkonger Stadtteil Tai Po legen und immer wieder glühende Bauteile herabfallen, blickt eine völlig aufgelöste Frau auf das Inferno. „Meine ganze Familie ist dort drinnen. Ich erreiche sie nicht am Telefon. Ich habe große Angst, dass sie ohnmächtig geworden sind“, sagt sie mit brüchiger Stimme.
Das Feuer brach am Mittwochnachmittag im Hochhauskomplex Wang Fuk Court aus, der aus acht Blöcken mit je mehr als 30 Stockwerken und fast 2000 Wohnungen besteht. Die Flammen griffen rasch auf weitere Türme der Hochhaus-Siedlung über, die wegen umfangreicher Renovierungsarbeiten vollständig in Bambusgerüste und Schutznetze gehüllt waren. Am frühen Abend rief die Feuerwehr schließlich die höchste Alarmstufe fünf aus.
Noch immer steigt am Morgen dichter Rauch aus den Hochhäusern auf, die Feuerwehr ist weiterhin im Großeinsatz, bekommt die Lage dann aber langsam unter Kontrolle. Der Brand gilt als das Feuer mit den meisten Opfern in Hongkong seit Jahrzehnten. Die Zahl der offiziell bestätigten Todesopfer steigt am Donnerstag auf 83. Wie viele Menschen noch vermisst wurden, ist offen. Es könnten hunderte sein. Nach jüngsten Angaben eines Sprechers der Hongkonger Verwaltung wurden noch 58 Verletzte in Krankenhäusern behandelt, zwölf davon schweben demnach in Lebensgefahr.
In den frühen Morgenstunden nahm die Polizei drei Männer fest – zwei Direktoren und einen technischen Berater eines Bauunternehmens. Sie sollen nicht zugelassene Materialien für die Gerüstnetze verwendet und die Fenster mit Polystyrolplatten versiegelt haben. Diese hochentzündlichen Stoffe hätten dazu geführt, dass sich die Flammen rasch ausbreiten konnten.