Rosenheim – Zeitung machen bedeutet, jeden Tag aufs Neue bei Null anzufangen, leere Seiten mit spannenden Geschichten und Neuigkeiten aus der Region zu füllen, immer wieder neugierig zu sein und die Augen offen zu halten. Offen für die Vielfalt an Themen und Menschen, die Rosenheim und die Region täglich zu bieten haben. Dazu gehört ein Rundgang durch die Kläranlage und zu lernen, wie das eigentlich funktioniert mit unserem Abwasser. Oder mit der Kollegin im Stadtrat zu sitzen und erfahren, was es mit Gewerbesteuer auf sich hat. Oder warum die Kommune vielleicht gerade bei der Stadtbibliothek sparen muss. Oder eine Stunde lang mit der Sicherheitswacht Patrouille durch die Stadt zu laufen und eine Reportage darüber zu schreiben, was dabei alles passiert. Meine Ausbildung als Volontärin beim Oberbayerischen Volksblatt ist vor allem eines: abwechslungsreich.
Dass ich einmal ein Zeitungsvolontariat machen würde, daran hatte ich vor dem Abitur und während der Anfangszeit meines Studiums nicht gedacht. Ursprünglich hatte ich mich für Jura entschieden, jedoch schnell gemerkt, dass das nichts für mich ist. Zu viele lästige Paragrafen und zu viel Theorie ohne Praxis haben mich von den neun Semestern bis zum Staatsexamen abgeschreckt. Im Bereich Medien habe ich mich deutlich wohler gefühlt. Nachrichtensprecherin zu werden, das hörte sich spannend an.
Erst ein Praktikum während meines Medienwissenschaftsstudiums beim Mangfall-Boten in Kolbermoor hat mir gezeigt, dass mir Zeitungsjournalismus Spaß macht. Ganz unbedarft hatte ich damals aus dem Bauch heraus entschieden, erst mal klassisch bei einem Printmedium reinzuschnuppern, bevor ich noch zum Fernsehen und zum Radio gehen wollte. Dass das Schreiben – entgegen meiner Schulnoten – doch etwas für mich ist, hätte ich sonst wohl nie herausgefunden.
Aus den vier Wochen in der Kolbermoorer Redaktion wurde ein Berufswunsch. Zeit „vergeudet“ habe ich durch das Studium nicht, denn die meisten Verlage setzen für die Ausbildung einen Bachelor oder Master voraus – ob in Germanistik, Mathematik, Politik, Kultur, oder wie in meinem Fall Medienwissenschaften, ist dabei prinzipiell egal.
Stift, Papier, Tablet, Kamera und das eigene Köpfchen sind meine wichtigsten Werkzeuge im alltäglichen Geschäft. Flexibilität, Stress-Resistenz und Teamfähigkeit sind die Eigenschaften, die man zusätzlich mitbringen sollte. Geschichten mit ganz unterschiedlichen Themen schreibe ich als Volontärin überwiegend für die Rosenheimer Stadtredaktion – das Genre variiert. Die harten Nachrichten, vor allem politischer Natur, übernehmen meist meine erfahreneren Kollegen. Sie lassen mich aber auch mit meinen Texten und Fragen nicht alleine: Gemeinsam gehen wir Artikel durch, erarbeiten Feinheiten und besprechen, wie man noch besser an eine Geschichte herangehen könnte.
Zu meiner Ausbildung gehört jedoch mehr als das Schreiben in der Redaktion. Vier Wochen war ich bereits an der Akademie der Bayerischen Presse – denn obwohl das Volontariat hauptsächlich in der Praxis absolviert wird, kommt man an der Theorie nicht völlig vorbei. Eine Reportage schreiben, ein Interview richtig führen, nach einem Gerichtsbesuch einen spannenden Bericht verfassen, ein Theaterstück kritisieren, aktuelle Geschehnisse kommentieren – all das gehört für einen Redakteur zum Alltag und die Seminare haben genau diese Abwechslung widergespiegelt. Neben der Print-Ausbildung wird auch die Crossmedialität nicht außer Acht gelassen: Einen Monat lang war ich zum Schnuppern beim Radio. Hinzu kommt noch – das rundet meine Ausbildung ab – ein Monat bei einer Münchner-Tageszeitung, um den Boulevard-Journalismus kennenzulernen. Und ein Monat, in dem ich meinem Kollegen in der Kulturredaktion über die Schultern schaue.
Man lernt täglich neue Menschen kennen
Ich liebe an meinem Beruf, dass ich oft Dinge mache, die ich privat nie ausprobieren würde: Sportarten, Trommeln, der Besuch kultureller oder politischer Veranstaltungen – um nur ein paar Optionen zu nennen. Der Beruf bringt immer Neues mit sich und das Spannendste daran: Man lernt täglich andere Menschen kennen, von denen keiner dem anderen gleicht. Ich bin ein Teil des Redaktionsteams, wie eine klassische Auszubildende fühle ich mich dabei eigentlich nicht. Und in einem Punkt unterscheide ich mich von allen anderen Azubis: Prüfungsstress habe ich keinen. Denn eine Abschlussprüfung oder Klausuren gibt es nicht. Nach zwei Jahren bin ich Redakteurin und mache das, was ich jetzt auch tue, nur mit mehr Verantwortung – auch für meine Fehler. Denn auch im Journalismus gilt das Sprichwort: Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Fehler sind menschlich, sie passieren. Nur leider fallen sie bei der Zeitung gleich Tausenden von Menschen auf und nicht nur einem. Mit diesem Druck muss man umgehen – und dazu stehen. Doch zumindest können sie, anders als bei einem Chirurgen, korrigiert werden.
Wenn ich im November mein Volontariat abschließe, würde ich gerne als Redakteurin weiter arbeiten. Ob in der Lokalredaktion, im Politik- oder Wirtschaftsteil, da bin ich völlig offen. Mit der Ausbildung stehen mir alle Türen offen.