Haben wir den Ernteausfall dem Klimawandel zu verdanken?
Ein Wintereinbruch in der zweiten Aprilhälfte mit Schnee und Frost ist in unserer Region im langfristigen Vergleich nicht allzu selten. Das kommt alle paar Jahre einmal vor. Daher möchte ich an dieser Stelle noch nicht von Klimawandel sprechen. So lagen die Durchschnittstemperaturen im vergangenen Jahr im April zum Beispiel bei rund acht Grad und damit im Normalbereich für diese Jahreszeit.
Getroffen hat es in erster Linie die Obstbauern am Bodensee, die auf relativ großen Flächen Tafeläpfel, also Äpfel für den Verzehr, anbauen. Wir verarbeiten diese Äpfel nicht, sondern vielmehr Früchte von heimischen Streuobstwiesen. Wir haben in unserem Kundenstamm rund 8000 Apfelbaumbesitzer, die seit Jahren regelmäßig ihre Ernte bei uns abliefern. Viele von ihnen waren schon bei uns und nicht alle klagten über frostbedingte Ernteausfälle, sondern lieferten durchaus durchschnittliche Mengen ab.
Gibt es also noch andere Gründe für die geringe Erntemenge?
Ja. Wir beobachten in den letzten Jahren vermehrt einen Rückgang der Streuobstbestände. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Einige Bestände sind überaltert und fielen schließlich der Axt zum Opfer. Die Verluste wurden allerdings dann nicht mehr im vollen Umfang durch Neuanpflanzungen ersetzt. Eine andere Ursache ist der Rückgang der Selbstversorger. Früher ernährten sich die Menschen vielfach noch von dem, was sie selber angepflanzt hatten. Äpfel wurden für den Winter eingelagert, eingemacht, zu Mus oder Marmeladen verarbeitet oder auch als Tierfutter verwendet. Was nicht im eigenen Haushalt verbraucht wurde, kam schließlich zu uns in die Saftpresse. Es ist auch ein Generationenwechsel bei den Baumbesitzern spürbar. Es wurden zwar zahlreiche Bäume vererbt, aber nicht immer gleichzeitig auch das Interesse am Obst- und Gartenbau. Wo noch vor Jahren der Großvater gemeinsam mit seinem Enkel seine Ernte angeliefert hatte, bleiben heute die Lieferungen zumeist aus. Aktuelle Untersuchungen haben ergeben, dass rund ein Drittel aller Äpfel an den Bäumen verfaulen, weil sie schlicht einfach nicht mehr geerntet werden. Außerdem hat die ganzjährig erhältliche bunte Vielfalt in den Supermärkten auch dem heimischen Apfelbaum Konkurrenz gemacht.
„Ein Drittel aller Äpfel verfaulen an den Bäumen, weil sie nicht mehr geerntet werden.
Joachim Wiesböck
Müssen die Kunden für eine Flasche Oro-Apfelsaft demnächst tiefer in die Tasche greifen?“
Ja, das wird der Fall sein, weil wir nicht die notwendige 1000 Tonnen-Marke erreichen werden. Der Apfelsaft aus unserer Produktion ist ein natürliches und gesundes Getränk und wird von den Verbrauchern daher gerne nachgefragt. Um alle Wünsche bis zur Saison 2018 zu erfüllen, könnte es jedoch dazu kommen, dass wir Äpfel zukaufen müssen. Dabei sind wir wählerisch, da wir nur Obst aus dem Streuobstanbau verwenden.
Der Apfelmarkt ist knapp, die Kosten werden daher noch höher liegen als in den vergangenen Jahren. Hinzu kommt, dass unsere Kapazitäten eigentlich auf eine wesentlich größere Menge ausgerichtet sind. Viele fixe Betriebskosten laufen bei kleineren Mengen aber trotzdem weiter und machen sich auch so in der Kalkulation des Preises bemerkbar.
Werden die Verbraucher auf Alternativprodukte oder auch auf Eigenproduktion umsteigen?
Ich glaube nicht, denn auch die anderen Hersteller von Qualitätssäften haben es mit den gleichen Problemen zu tun wie wir. Auch sie müssen mit einem allgemeinen Preisanstieg umsetzen. Außerdem stehen wir in der Region für Nachhaltigkeit. Gegenüber unseren Mitbewerbern haben wir insgesamt kurze Transportwege, verwenden ein Mehrwegflaschensystem und beschäftigen schließlich auch 16 Mitarbeiter aus unserer Region in unserem Betrieb – alles aus der Region für die Region. Das wissen unsere langjährigen Kunden zu schätzen. Selber den Saft herzustellen ist nicht ganz so einfach und auf Dauer einfach zu teuer. Neben der Anschaffung von kleineren Maschinen und Hilfsmitteln sind die Hygienevorschriften einzuhalten. Auch als Selbsthersteller sollte man aus Eigenschutz Wert darauf legen, sich nicht den Magen mit verunreinigten Säften zu verderben. Das ist bei uns ausgeschlossen, da wir über einen geschlossenen Produktkreislauf verfügen, der ständig überwacht wird. Außerdem unterliegen wir scharfen Kontrollen.
Was muss getan werden, damit wieder genug Äpfel angeliefert werden?
Kurzfristig ist es für uns wichtig, dass das noch vorhandene Obst gepflückt wird und zu uns kommt. Immerhin kann man seine Äpfel dann in 16 verschiedene Saftsorten für 0,60 Euro je Flasche umtauschen oder sich den Gegenwert für seine Ernte auch bar auszahlen lassen. Daher bitten wir alle Obstbaumbesitzer darum, ihre Früchte zu ernten und bei uns abzuliefern. Langfristig ist es ratsam, die Kulturlandschaft zu pflegen und für mehr Streuobstwiesen zu sorgen, die dann nachhaltig bewirtschaftet werden.