Großkarolinenfeld – Laura Krämer ist kein typischer Azubi. Die Rosenheimerin macht bei der Firma Dettendorfer Rohrdorfer Wertstoff in Tattenhausen ihre Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement, was früher noch „Bürokauffrau“ hieß. Doch Krämer ist älter und erfahrener als andere Auszubildende, weshalb sie im Betrieb eine besondere Verantwortung trägt. Und noch etwas unterscheidet sie von anderen Azubis: Sie hat ihren weiteren beruflichen Weg bereits jetzt ganz klar vor Augen.
Laura Krämer ist 23 Jahre und im dritten Lehrjahr. Weil sie ihre Ausbildung verkürzt, macht sie Anfang des nächsten Jahres den Abschluss. Die junge Frau aus Happing hat ihr Abitur an der FOS in Rosenheim gemacht und dann ein Jahr in Australien verbracht. Dort hat sie als AuPair und beim Work & Travel Land und Leute kennen gelernt. „Als Kind wollte ich ja eigentlich Ärztin werden“, erzählt sie. Am liebsten hätte sie einmal in einer Pathologie gearbeitet. „So ganz makaber“, sagt sie lachend. Doch die Zulassung zum Studium mit hohem NC wäre schwierig geworden. Die andere Option, die es gab, war da realistischer und auch deutlich naheliegender. „Mein Papa hat ja eine Firma“, erzählt sie. Vater Ulrich Krämer ist Gründer und Geschäftsführer von Protoplast Engineering, einem Unternehmen für Kunststofftechnik in Bad Feilnbach.
Laura trifft eine strategische Entscheidung
„Es war für uns alle bald klar, dass mein Bruder und ich den Betrieb einmal weiterführen werden“, erzählt sie.
Also hat Krämer ein Studium für Kunststofftechnik an der Hochschule Rosenheim begonnen. Nach zwei Semestern allerdings zeigte sich: Trotz großem Interesse war der technische Bereich nicht das Richtige für sie – ihrem Bruder dagegen gefällt genau das. Also haben die beiden eine gute Kombination für später gefunden: Der Bruder studiert die kunststofftechnische Seite, Laura hingegen übernimmt den kaufmännischen Part. Dafür hat sie sich eine Lehrstelle gesucht, die sie optimal vorbereitet. Klar war: es sollte nicht der elterliche Betrieb sein. „Man muss erst einmal wo anders angestellt sein, sonst kann man später kein guter Chef sein“, ist Krämer überzeugt. Daheim, so findet sie, hätte sie niemals die nötige Erfahrung sammeln können.
Bei der Agentur für Arbeit hat sie dann eine ganze Liste mit möglichen Betrieben bekommen, an viele schickte sie eine Bewerbung. Beim Einstellungsgespräch bei Dettendorfer Wertstoffe habe dann die Chemie gestimmt. „Die Firma hat einen guten Ruf und mein Ausbilder und ich waren uns sofort sympathisch“, erzählt Krämer. Obwohl es auch andere Bewerber gab, entschied man sich für die junge Frau.
Inzwischen im dritten Lehrjahr übernimmt sie bereits große Verantwortung. Sie kümmert sich zum Beispiel um das Wiegen der Lkw, die das Material anliefern, aus welchem auf dem Betriebsgelände Ersatzbrennstoffe für den Ofen des Zementwerkes in Rohrdorf produziert werden. Mittwochs und Freitags beginnt ihr Arbeitstag daher schon um kurz vor sieben Uhr, damit die Lkw-Waage besetzt ist.
Anspruchsvolle Aufgaben, weil sie Erfahrung hat
Zu den weiteren Bereichen des Unternehmens gehören der Wertstoffhandel, Recycling und die Gewerbeabfallentsorgung. 35 Leute arbeiten dort. Die Mitarbeiter im Büro sorgen dafür, dass alles reibungslos funktioniert. Laura Krämer etwa kümmert sich um das zentrale Telefon und eingehende E-Mails, verifiziert, scannt und kontiert Rechnungen, verarbeitet die Wiege- und Lieferscheine und führt das Kassenbuch. Doch ihre Aufgaben gehen über die einer Auszubildenden hinaus. Sie ist auch Assistentin des Geschäftsführers und verfasst Gesellschafterberichte. „Das ist nicht typisch für einen Lehrling, doch ich bin ja schon älter und erfahrener, deswegen kann man mir auch anspruchsvollere Aufgaben zutrauen“, so Krämer. Das sei zwar viel Verantwortung, aber zeige auch eine große Anerkennung. Aktuell ist sie damit beschäftigt, Weihnachtsgeschenke für Kunden und die Weihnachtsfeier für die Mitarbeiter zu organisieren. „So was macht mir natürlich besonderen Spaß“, sagt sie lachend. Denn hier könne sie ihrer Kreativität freien Lauf lassen und auf die Wünsche der anderen eingehen.
Montags besucht Krämer die Berufsschule in Rosenheim, wo auch bald die Abschlussprüfung ansteht. Danach will sie zunächst im Unternehmen bleiben. Die Übernahmezusage hat sie bereits. Später möchte sie entweder in der betriebswirtschaftlichen Richtung studieren oder den Betriebswirt machen, vielleicht auch noch in ein anderes Unternehmen reinschnuppern. „So in zehn Jahren möchte mein Papa den Betrieb übergeben“, erzählt sie. Dort einzusteigen brauche sicher einige Zeit. „Man kann nicht von heute auf morgen Geschäftsführer sein“, ist für sie klar. Also will sie bis dahin so viele Erfahrungen sammeln, wie nur möglich. Die Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement ist dabei schon einmal ein großer Schritt.