Immobilien

Noch ein Thema für Arbeitgeber

von Redaktion

Die Kaufpreise für Wohneigentum sind in Rosenheim in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Was sagen Experten aus der Region dazu, was bedeutet das für die Unternehmen?

Rosenheim/Mühldorf – Ein Haus oder eine Wohnung für den Eigenbedarf zu erwerben, ist in Rosenheim eine teure Angelegenheit geworden: Einen Preisanstieg von 79 Prozent in den vergangenen fünf Jahren meldete das Immobilienportal Immowelt vergangene Woche (wir berichteten). Zwar handelt es sich dabei um Angebotspreise und nicht um die tatsächlich erzielten Verkaufserlöse, die Tendenz lautet aber trotzdem: Die Preise für Wohneigentum in Rosenheim steigen und steigen. Das spüren inzwischen auch die Unternehmen, die branchenübergreifend dringend Fachkräfte suchen, die wiederum bezahlbaren Wohnraum brauchen. Wer Aussicht auf langfristige Beschäftigung hat, sucht für sich und seine Familie irgendwann ein Haus oder eine eigene Wohnung – oft deshalb, weil eine Alternative zu den ebenso steigenden Mietpreisen her muss.

Der Gutachterausschuss der Stadt Rosenheim ist ein unabhängiges Sachverständigengremium, welches Abschriften von allen Kaufurkunden über Immobilien in seinem Zuständigkeitsbereich erhält. Dort kennt man alle tatsachlich gezahlten Preise. Im Stadtgebiet sind es vor allem Reihenhäuser und Wohnungen, die zum Verkauf stehen. „Die Kaufpreise von kleineren, neuen Doppelhaushälften und Reihenendhäusern bis 134 Quadratmetern Wohnfläche sind im Zeitraum 2010 bis 2016 um rund 70 Prozent von durchschnittlich 2800 Euro pro Quadratmeter auf rund 4755 Euro pro Quadratmeter gestiegen“, weiß Monika Lins, Vorsitzende des Gutachterausschusses. „Bei größeren Doppelhaushälften und Reihenendhäusern ab 135 Quadratmetern Wohnfläche war der Preisanstieg mit rund 58 Prozent von durchschnittlich 2550 Euro auf rund 4015 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche im gleichen Zeitraum nicht ganz so groß.“ Hier sei allerdings auch das Angebot stark begrenzt.

Aufschläge auf den Preis von 20 Prozent und mehr

Wer eine bis 30 Jahre alte Bestandswohnung in Rosenheim kaufte, zahlte laut Gutachterausschuss im Jahr 2010 1590 Euro je Quadratmeter, in 2017 nach jüngster Auskunft 3420 Euro. Bei den Preisen für neue Wohnungen habe es allein zwischen 2014 und 2016 eine Steigerung der Quadratmeterpreise zwischen acht und 13 Prozent gegeben. Wie die zum Teil recht große Differenz zwischen Angebotspreisen und tatsächlichen Verkaufspreisen zustande kommt, erklärt Johann Hainz, Vorsitzender des Immobilienverbundes Rosenheim – doch auch er bestätigt, dass eine enorme Preissteigerung stattgefunden hat.

Seiner Beobachtung nach gebe es aber immer wieder Fälle, bei denen Häuser gerade jetzt zu überzogenen Kaufpreisen inseriert würden, mit zehn bis 20 Pozent „und mehr“ Aufschlag. Nicht immer würden diese dann auch am Markt erzielt. Die hohe Nachfrage treibe die Preise dennoch enorm nach oben, das ohnehin schon knappe Angebot werde verschärft, weil viele Immobilien aus Kostengründen oder wegen strenger Regelungen – etwa Vorschriften der Energiesparverordnung – nicht saniert würden. „Diese stehen als Wohnraum nicht zur Verfügung, es kommt dadurch auch im Stadtbereich sogar zu Immobilien-Leerstand.“ Wohnraum, über den sich Mitarbeiter großer Arbeitgeber im Umkreis der Stadt, die teils händeringend nach Fachkräften suchen, freuen würden. Anton Klaus Kathrein, Geschäftsführender Gesellschafter der Kathrein-Werke KG, bestätigte bei einem Unternehmertreffen der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), dass man als Arbeitgeber um dieses drängende Problem wisse. Regelrechte Dramen erlebt nach eigener Aussage hin und wieder Gerhard Nufer von der VR Immobilien GmbH. Er erzählt von der Familie, die zu viert in einer Zweizimmerwohnung lebt und beim Hauskauf nicht zum Zug käme und von ausführlichen Käufer-Bewerbungen mit Mappen „wie um eine Stelle“. Einheimische zögen gegenüber „Zugezogenen“ aus dem Münchener Raum bisweilen den Kürzeren.

Ähnliches bestätigt Martin Müller von der VR meine Immobilien GmbH aus Mühldorf: Auch hier stiegen die Preise speziell für Neubauten spürbar. „Der Quadratmeter für eine neue Wohnung kostete vor ein paar Jahren hier noch etwa 2400 Euro; aktuell werden für neue Objekte Preise zwischen 3500 und 3900 Euro veranschlagt.“

Der Ausbau der A94 von Mühldorf nach München und die damit verbesserte Verkehrsanbindung werde die Immobilienpreise weiterhin nach oben klettern lassen. Das Angebot an Wohnraum sei knapp, freie Flächen zum Selbst-Bauen gebe es derzeit praktisch nicht. Die Nachfrage dagegen sei hoch, auch wegen der vielen größeren Arbeitgeber in der Region.

Arbeitgeber trifft in Zukunft auch das Thema Wohnraum

Ob es der Chefarzt sei, der einer Stelle im Krankenhaus wegen aus einem anderen Bundesland herziehe, oder Arbeitnehmer im produzierenden Gewerbe, alle hätten dasselbe Problem: eine bezahlbare Immobilie finden.

Arbeitgeber an den Industriestandorten in Mühldorf und Waldkraiburg sehen dieses Problem ihrer Angestellten zumindest mittelfristig auf sich zukommen, wie man etwa bei der Netzsch GmbH aus Waldkraiburg oder bei der Siloking Mayer Maschinenbau GmbH aus Tittmoning bestätigt – selbst in der Peripherie mehr als 70 Kilometer von Rosenheim entfernt, spürt man den Sog der Immobilienpreise.

Für die meisten Arbeitnehmer, wie auch für die mehreren Hundert Studenten, die am neuen Campus Mühldorf studieren, geht es meist erst einmal um das Thema Mieten. Doch wer in der Region bleiben möchte und hier eine gute Arbeitsstelle findet, wünscht sich früher oder später etwas Eigenes. „Ich höre zunehmend, dass schon Mietwohnungen schwer zu finden sind“, sagt Dr. Peter Schöttl, Geschäftsführer bei Siloking.

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