Rosenheim/Mühldorf – Unternehmen und Handwerksbetriebe brauchen Mitarbeiter und Fachkräfte, mittlerweile suchen sie dafür auch überregional. Doch wer als Ingenieur, Mechaniker oder als Auszubildender in die Region Rosenheim kommt, muss sich die Miet- oder Kaufpreise für Immobilien leisten können. Vorausgesetzt, der Betroffene und seine Familie finden überhaupt passenden Wohnraum. Zunehmend wird das ein Problem, das auch die Arbeitgeber beschäftigen könnte: Wohnraum für Beschäftigte im Südostoberbayerischen wird knapper und immer teurer. Das treibt längst nicht nur die niedrigeren Einkommensgruppen um – angesichts der Verknappung von Flächen und Wohnungen und der steigenden Preise brauche man von sozialem Wohnungsbau erst einmal gar nicht sprechen, ist Andreas Holzner, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Rosenheim, überzeugt.
„Im Moment ist das Thema Fachkräftemangel noch die Nummer eins bei unseren Mitgliedsbetrieben, aber angesichts der Wohnraumfrage könnte sich das auch bald ändern“, räumt er ein. Man beobachte die Situation mit Sorge. Betriebe jeder Größe müssten sich dann Gedanken machen, auch wenn sie das Problem selbst kaum lösen könnten – „da sind nicht nur die privaten Bauunternehmen gefragt, sondern auch die öffentliche Hand, für mehr Wohnraum zu sorgen.“
Fehlender oder teurer Wohnraum wird zum Negativ-Faktor
In Kommunen und Gemeinden müsste zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden. Dass dies in der Praxis oft leichter gesagt als getan ist, weiß Holzner freilich: „Die aufwendigen Genehmigungsverfahren für Neubauten und rechtliche Hürden behinderten häufig Bauvorhaben.“
Industrie und Dienstleister, so Wolfgang Janhsen, Leiter der IHK-Geschäftsstelle Rosenheim, kämen um das Thema Wohnraum – ob es nun um bezahlbare Mietobjekte oder um den Erwerb von Wohneigentum geht –bald kaum mehr herum, weil es ihre Mitarbeiter direkt betreffe: „Für viele Unternehmen ist das ein zunehmendes Problem, da ein fehlendes Wohnangebot die Anwerbung von Fachkräften aus anderen Regionen deutlich erschwert. Unternehmer berichten, dass Bewerber in Vorstellungsgesprächen die Frage nach Wohnung oder Haus im gleichen Atemzug mit der Gehaltsfrage stellen.“
Janhsen spricht beim Wohnraum von einem klaren Standortfaktor, bei dem in ganz Südostoberbayern „ein wachsendes Defizit“ zu verzeichnen sei. Gründe sieht er wie Andreas Holzner im deutlich langsamer als die Nachfrage danach wachsenden Angebot an Wohnungsbau, was Mieten und Grundstückspreise in die Höhe treibe. Außerdem Rosenheims gute Anbindung an München – sie macht den Raum einfach zu attraktiv für Pendler.
Wie Holzner sieht Janhsen jetzt die Politik in der Bringschuld: „Wir brauchen einen Maßnahmenmix, unter anderem aus einer aktiven Grundstückspolitik der öffentlichen Hand, zügigeren Genehmigungsprozessen und eine steuerliche Förderung des betrieblichen Wohnungsbaus.“
Auch in den IHK-Regionalausschüssen, bei denen die Ausschuss-Vorsitzenden landkreisübergreifend zusammenkommen, um Schwerpunktthemen zu diskutieren, ist das Thema Wohnraum angekommen- Das bestätigt Ingrid Obermeier-Osl, Unternehmerin und Vorsitzende des Regionalausschusses der IHK für Altötting und Mühldorf: „Wohnungen, die bezahlbar sind, sind in vielen unserer oberbayerischen Regionen absolute Mangelware“, habe sie erst letzte Woche bei IHK-Gesprächen in München wieder festgestellt. Mehr noch: „Es ist zunehmend schwieriger für Mitarbeiter, überhaupt freien Wohnraum zu finden.“
Ihr eigenes Unternehmen, ein Holzwerk mit zwei Standorten in Schwindegg, Mühldorf, und in Babensham, Nähe Wasserburg, ist in der Peripherie angesiedelt, wo die Preise noch nicht das Rosenheimer Niveau erreicht haben. Aber Mühldorfs Geschäftsstellenleiter Herbert Prost warnt: „Die hohen Wohnkosten aus dem Großraum München-Rosenheim strahlen langsam auch auf unsere Region aus.“ Noch sei es aber nicht so weit, räumt Ingrid Obermeier-Osl ein: „Noch hat das Thema in unserer Region Mühldorf-Altötting nicht oberste Priorität“.
Als Unternehmerin spreche sie sich aber in Anbetracht der sich in Zukunft verschärfenden Wohnraumlage im Südostoberbayerischen dafür aus, „schnellstmöglich“ steuerliche Anreize für den Bau von Mitarbeiterwohnungen für Unternehmen zu schaffen. „Denn viele Mittelständler würden sich laut unserem kürzlich erfolgten Erfahrungsaustausch in IHK-Kreisen sofort bereit erklären, günstigen Wohnraum für Mitarbeiter zu schaffen.“ Damit könnte die Politik positive Zeichen für Familien, Unternehmen und die Bauwirtschaft setzen.