Mühldorf – Reinhold Wanner besichtigte den Handwerksbetrieb, stellte Fragen, sah sich die Zahlen der Firma an. Das Problem lag im Materialeinsatz, schloss der Berater: Die Menge des verbauten Materials, beispielsweise die Kabel, wurden nach getaner Arbeit an der Baustelle nur geschätzt. Der Berater schlug vor, das mit auf die Baustelle genommene Material vor Arbeitsbeginn zu wiegen und nach Arbeitsende. Aus der Differenz im Gewicht lässt sich genau errechnen, wie viel Material verwendet wurde.
Es ist ein Beispiel für die Tätigkeit der Wanner GmbH, die in diesem Jahr den dritten Preis beim Meggle-Gründerwettbewerb gewonnen hat. Das Mühldorfer Unternehmen mit vier festen Mitarbeitern berät Unternehmen und Firmengründer in verschiedensten Belangen, ist im Projektmanagement aktiv und bietet Trainings an. Neben einigen größeren Kunden, für die Wanner Aufträge zur Personalbeschaffung entgegennimmt, beraten er und sein Team Firmen aus der Region mit weniger als 500 Mitarbeitern. „Für mich sind sie diejenigen, die Deutschland wirtschaftlich tragen“, ist Reinhold Wanner überzeugt. Er weiß, was oft von Unternehmensberatern gedacht wird: dass diese nur in Großkonzernen ein- und ausgehen. Dass sie Arbeitsplätze streichen.
Fachkräfte langfristig binden ist das Ziel
Bei Wanner, so der Gründer, befasse man sich in Wirklichkeit oft mit dem Gegenteil: „Wie können Arbeitsplätze in einer Firma erhalten bleiben, in der es keinen Juniorchef oder Käufer gibt?“, nennt er ein Beispiel. In so einem Fall befasst er sich mit der Suche nach Unternehmensnachfolgern. Das sei das „wichtigste Feld“. Um einen Meister als Nachfolger für einen Handwerksbetrieb zu finden, fuhr er schon mal an eine Schule für angehende Meister, um dort einen Aushang am Schwarzen Brett zu platzieren. Und er telefonierte mit der Handwerkskammer, wer Interesse haben könnte. Seine Suche hatte Erfolg.
Andererseits tritt Wanner tatsächlich dann als Restrukturierer in Erscheinung, wenn dies erforderlich ist: Dann helfe er Firmen dabei, sich neu aufzustellen, bevor Arbeitsplätze oder gar das ganze Unternehmen in Gefahr sind. Was der Unternehmensberater für sich ausschließt, sind Aufträge, bei denen es um kurzfristiges Personal-Leasing geht. „Die Menschen sollten ja möglichst langfristig in der Firma an Bord bleiben“, sagt er. Diskretion sei in seinem Beruf unabdingbar. Damit beispielsweise nicht aktuelle Arbeitgeber und -nehmer aufeinanderstießen, gebe es Sperrlisten. Bei einer erfolgreichen Vermittlung bleibe er bis zu zwei Jahre mit beiden Seiten in Verbindung. Bei Problemen vermittele er: „Diplomatie ist das Wichtigste überhaupt.“
Eine der Fragen, die Reinhold Wanner im Jahr 2013 dazu bewegten, seine Firma zu gründen, war: „Wer kümmert sich um die kleinen Unternehmen?“ In seiner Zeit als Geschäftsführer verschiedener mittelständischer Unternehmen sei er selbst gefragt worden, ob er die Dienste einer Unternehmensberatung benötige. Da habe er dann einen Katalog auf den Tisch bekommen, in dem die Angebote und Lösungsvorschläge der Berater aufgelistet waren. „Man braucht Zeit und Muße, um das zu lesen“, stellt er rückblickend fest. Dabei benötige man als Unternehmen in erster Linie einen Problemlöser.
Reinhold Wanner ist Jahrgang 1967, hat selbst in verschiedenen Branchen gearbeitet, begann seine berufliche Laufbahn mit einer Ausbildung zum Elektriker. Danach hat er Elektrotechnik studiert. Er hat also einiges gesehen, kennt die Praxis in Unternehmen. Seine Mitarbeiterinnen sind wie er keine Berufsanfängerinnen. Sie sind zwischen 35 und 59 Jahre alt. Da wirkt es glaubwürdig, wenn Reinhold Wanner Kunden empfiehlt, auch Mitarbeiter über 50 einzustellen. Seine Erfahrung sei nämlich, dass diese Leute „wollen“ und viel Wissen mitbrächten. Außerdem gelte für die Altersstruktur von Mitarbeitern in Firmen: „Man braucht einen Mix. Das sehen viele Firmen nicht.“ Aber Reinhold Wanner sagt Kunden auch, dass ältere Mitarbeiter öfter gesundheitliche Probleme haben könnten als jüngere.
Wenn er über die Trainings spricht, die die Firma Wanner anbietet, etwa über Führung im Mittelstand, dann ist ihm wichtig, dass sie praxisnah sind. Je nach Themengebiet arbeitet die Firma Wanner auch mit externen Trainern zusammen. Zielgruppe sind nicht nur Menschen, die in höheren Positionen arbeiten, sondern auch die Ebenen darunter. Reinhold Wanner macht einen bodenständigen Eindruck. Das liegt auch an seiner Art zu sprechen. Englische Begriffe hört man bei ihm nicht oft. Darauf angesprochen, sagt er: „Das vermeide ich aktiv.“ Er könne schließlich „Besprechung“ anstatt „Meeting“ sagen.
Meistens geht´s auch einfach
Das Geschäft eines Beraters ist es, zu verändern. Dabei geht es mal um ganze Firmen, mal um einzelne Abläufe, um Arbeitsweisen. Reinhold Wanner holt manchmal auch Fachkräfte in die Region, er schlägt ihnen dann eine Veränderung des Wohnortes vor. Nicht jeder sei sofort bereit, einen Wechsel mitzumachen. Reinhold Wanner zählt auch zu den Aufgaben seiner Firma, Menschen in solchen Situationen das Positive aufzuzeigen, oft ist dies auch das Naheliegende, weniger Komplizierte: Man kann das auch noch mal mit dem umständlichen Schätzen von verwendeten Materialien vergleichen, bei dem sich gezeigt hat: Mit dem einfachen Dreisatz kommt man schneller ans Ziel.