Blackbeards

Vergiss die Rasierklinge!

von Redaktion

Bartöle, Bartbalsam, Bartbürsten, Bartpomaden… Willkommen in der Welt der „Blackbeards“ aus Rosenheim. Bei den sechs Herren dreht sich alles um das Männlichste am Mann – den Bart und wie man ihn pflegt und verwöhnt. Daraus ist ein erfolgreiches Geschäftsmodell entstanden.

Rosenheim – In den Rosenheimer Geschäftsräumen der Blackbeards („Schwarzbärte“) befindet man sich in der heimlichen Bärte-Zentrale der Republik. Hier schlagen die Herzen am Puls der Zeit, wenn es um den Bartkult geht. Michael „Mike“ Seebauer hat aus dem wachsenden Bedürfnis seiner Geschlechtsgenossen, ihre Bärte genauso zu umsorgen wie Frauen ihr Haupthaar, einen erfolgreichen Onlinehandel mit Bartpflegeprodukten geschaffen.

Besessen von Bärten – schon als Kind

Oder war es umgekehrt? Möglicherweise hat Seebauer vor ein paar Jahren auch maßgeblich dazu beigetragen, dass Bartträger sich der Pflegebedürftigkeit ihres haarigen Charaktermerkmals erst so richtig bewusst wurden. Denn im Jahr 2012, so berichtet der 34-jährige Seebauer, hat alles mit einem Onlineratgeber in Form eines Blogs rund um die Bartpflege begonnen. Der Blog erreichte in kurzer Zeit eine große Leserschaft und erzielte enorme Resonanz. „Mike hat eine besondere Gabe, die Leute persönlich anzusprechen und ihnen Antworten auf praktisch alle Fragen zu liefern“, schwärmt Marketing-Verantwortlicher Fabian Mamok. Selbstredend, dass beide Bärte tragen, durch die sie während des Gesprächs mit den OVB-Heimatzeitungen von Zeit zu Zeit streichen.

Auch Seebauers Mutter arbeitet bei den Blackbeards; während sie Versandkartons faltet, erinnert sie sich daran, dass ihr Sohn von Kindesbeinen an vernarrt in Bärte gewesen sei. Um dessen erfolgreichen Blog herum wuchs indes ein Onlineshop mit derzeit rund 800 Bart- und sonstigen Pflegemitteln für den Mann. Sechs Angestellte hat das Online-Unternehmen heute, das Chef „Mike“ manchmal noch gern als Projekt bezeichne, wie Mamok schmunzelnd verrät. Diesen Status hat man mit 5000 bis 6000 versendeten Bestellungen pro Monat aber längst hinter sich gelassen.

Duftende Haarpracht für echte Kerle

Über Facebook und andere Soziale Netzwerke wie Instagram und Pinterest, nicht zuletzt über den Blog, stehen Seebauer und sein Team in ständigem Austausch mit Kunden und Bartliebhabern. Diese haben viele Fragen zu den Produkten, zur Pflege, zum Stutzen und Trimmen, Kämmen und Kürzen ihrer Bärte: „Sie schicken uns sogar Bilder von sich und fragen uns, welche Bartform ihnen am besten stehen würde“. Das Team berät sie alle geduldig per Mail oder Facebook, auch am Telefon. „Sogar wenn wir ein Foto posten, auf dem wir gerade selbst gebackene Brötchen essen, fragen uns die Leser nach dem Rezept“, ist Mamok überrascht von der großen Teilnahme der Bärte-Gemeinschaft am (Geschäfts-) Leben der quirligen Blackbeards-Truppe.

Auf deren Facebook-Seite findet sich eine Fülle von Fotos, die Bartträger aus allen Ecken des Landes und darüber hinaus an die Blackbeards schicken. Männer, die ihren Status als Bartträger zelebrieren und sich teils auch so in Szene setzen. Da ist der wuchtige Kerl in freier Natur, der seine Bartpracht stolz in die Kamera hält. Der Elegante, der den Bart nach Retro-Manier trägt. Oder der massige Typ in Lederjacke auf der Harley – sie alle verbindet, dass sie sich in liebevoller Regelmäßigkeit um ihre Bärte kümmern und dafür gerne auf leichte Öle mit Zedernholz- oder Vanilleduft und Bartseife zurückgreifen. Rund 70000 Fans haben die Blackbeards allein auf Facebook. Auf Youtube betreibt Seebauer einen Bartpflege-Kanal. „Männer interessieren sich heute in selbem Maße wie Verbraucherinnen für die Inhaltsstoffe der Produkte, die sie verwenden.“

Die Käuferschaft der Blackbeards ist entsprechend bunt gemischt – „vom Bauarbeiter bis zum Uniprofessor.“

Die Blackbeards nehmen nur Produkte in ihr Sortiment auf, von deren Inhalten sie überzeugt sind – damit scheiden Pflegemittel auf Mineralölbasis schon einmal aus. Stattdessen ist Naturkosmetik zu finden, Tiegel und Dosen aus kleinen Manufakturen, auch aus dem Ausland, wenn es zum Sortiment passt.

Hommage an Bartträger Kurt Eisner

Auch eine eigene „Blackbeards“-Marke mit vier Pflegelinien ist im Programm. Die eigenen Bartöle, Shampoos oder Duschgels werden vom Team so lange geprüft („schäumt das Gel richtig? Wie lange hält der Duft?“), bis jeder zufrieden ist und der Hersteller grünes Licht bekommt. Für die eigene Marke kooperiert das Unternehmen mit einer alteingesessenen Dortmunder Seifenmanufaktur, aber auch mit Lieferanten aus dem Berchtesgadener Land und Niederbayern.

Die Produkte gibt´s nur online, mit Ausnahme einiger Barber-Shops, wie sie in Deutschland wieder in Mode sind. Online-Bestellungen gehen hauptsächlich aus Deutschland, Österreich und den Beneluxländern ein, „in der Schweiz wird das Interesse zunehmend größer“. Für 2018 planen die Herren unter anderem, „etwas Besonderes“ zum 100-jährigen Bestehen des Freistaats Bayern zu entwickeln, vielleicht ein Bartöl. Man denkt an eine Hommage an Kurt Eisner, Bayerns erster Ministerpräsident. Er war Bartträger.

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