Raubling – Denise Schurzmann ist noch keine 30 Jahre jung und führt mit Krause Industrieschaltanlagen, der SAT Gesellschaft für Automatisierungstechnik mbH, einer Immobilienholding sowie einer Reitsportanlage mehrere Unternehmen. Seit 2017 ist sie Vorstand der Rosenheimer Wirtschaftsjunioren (WJ). Den OVB-Heimatzeitungen erzählt sie offen, wie sie durch einen Schicksalsschlag in der Familie früh zu viel Verantwortung gekommen ist.
Was schätzen Sie an Ihrem Amt bei den WJ?
Da sich schon meine Eltern jahrelang stark bei den Wirtschaftsjunioren engagiert haben, war ich von Kindesbeinen an bei vielen Veranstaltungen dabei. Man könnte mich als Wirtschaftsjuniorenkind bezeichnen – dass ich jetzt selbst Vorsitzende bin, ist eine wunderschöne Aufgabe. Dass ich gewählt wurde, heißt für mich, ich kann der jungen Wirtschaft eine Stimme geben, was mir besonders am Herzen liegt. Das Amt ist mit Zeitaufwand und vielen Aufgaben verbunden, andererseits durfte ich mit der Delegiertenkonferenz 2017 in Rosenheim eine bedeutsame Veranstaltung organisieren, halte Reden, bewege mich in einem großen Netzwerk – ich nehme das alles als Chance wahr. Und ich habe große Lust am Mitgestalten.
Ihr Vater Bernhard Schurzmann, ein erfolgreicher Rosenheimer Geschäftsmann und bekannter Polospieler, ist 2015 verstorben – Sie übernahmen die Geschäftsführung von Krause Industrieschaltanlagen. Damals waren Sie erst 26. Waren Sie auf diese Führungsaufgabe vorbereitet?
Ich habe bereits nach meiner Ausbildung zur Bürokauffrau begonnen, bei meinem Vater im Unternehmen zu arbeiten, war also mit den Firmenstrukturen vertraut, kannte die Mitarbeiter. Als mein Vater an Krebs erkrankte, wussten wir beide, dass eines Tages die Situation eintreten könnte, dass er einen Nachfolger braucht. Indirekt war ich also vorbereitet. Mein Vater verstarb an einem Freitag und bereits am Montag darauf lag es an mir der Belegschaft die Nachricht zu überbringen. Ich konnte mich voll auf sie verlassen, auch wenn ich mich in Vieles einarbeiten musste. Dass dieser Übergang funktioniert hat, ist nicht selbstverständlich. Dennoch habe ich mir damals gewünscht, mein Vater hätte mir die Geschäfte früher übergeben und mich noch ein Stück begleitet.
Menschen gehen oft gestärkt aus einer Krise hervor. Auch das Unternehmen Krause haben Sie und Ihr Vater 2010 aus einer Insolvenz gerettet. Was haben Sie aus schwierigen Phasen mitgenommen?
Wir waren eines der wenigen Unternehmen in Deutschland, die eine Planinsolvenz durchgeführt haben, mit regelmäßigen Ausschüttungen an die Gläubiger. In dieser Zeit habe ich viel gelernt: Etwa, einen Betrieb zu optimieren, ihn zu sanieren, weiter zu führen. Als ich das Geschäft übernahm, musste ich lernen, sehr schnell wichtige Entscheidungen zu treffen. Mir wurde rasch klar, dass ich als Führungsperson stets einen klaren Kopf brauche. Diese Zeit hat mir gezeigt, dass man mit den Aufgaben wächst, die einem gestellt werden.
Mussten Sie sich gewisse Fähigkeiten auf die harte Tour erarbeiten?
Man kann schon sagen, dass ich bei einigen Aufgaben ins kalte Wasser gesprungen bin. Vertrieb, Verhandlungen mit Kunden und Geschäftspartnern – Neuland für mich. Gerade das Verhandeln auf Augenhöhe war anfangs nicht leicht für mich. Geholfen hat mir dabei das Wissen, mich jederzeit auf mein Team verlassen zu können, aber auch meine Mutter hat mich in dieser Zeit unterstützt wo sie nur konnte. Aus der Insolvenz hatten wir zudem gelernt, uns breit aufzustellen, was uns letztlich geholfen hat. Seit 2015 konnten wir mehrere Neukunden gewinnen, und das läuft in unserer Branche fast ausschließlich über Empfehlung.
Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?
Führen ist für mich etwas, das sich zunächst nach der jeweiligen Situation richten sollte. Es geht darum, Mitarbeitern Orientierung zu geben, Bedürfnisse zu erkennen, Stärken und Schwächen. Es gibt auch Nuancen in der Führung verschiedener Abteilungen. Meiner Meinung nach aber ist das offene Ohr für die Mitarbeiter eines der wichtigsten Eigenschaften einer Führungsperson. Ich sehe es heute als Vorteil, dass meine Mitarbeiter mich als frühere Kollegin kennen. Ursprünglich sollte ich nur für ein Jahr Mutterschaftsvertretung bei Krause machen, doch ich bin geblieben. Dadurch war ich schon immer nah dran am Team.
Sie sind begeisterte Reiterin. Ein Ausgleich zum Arbeitsalltag?
Ich bin Springreiterin und liebe es, mit den Tieren zusammen in der Natur zu sein. Nach der Schule habe ich ernsthaft überlegt, eine Ausbildung in diesem Bereich zu machen und ganz mit Pferden zu arbeiten. Meine Mutter, die selbst einen großen Reitstall betreibt, hat mich jedoch überzeugt, ins Büro zu gehen (lacht). Das war auch gut so.
Es heißt ja, Pferde seien ein Spiegel des Reiters. Können Sie eine Parallele vom (Spitzen-)Sport zum Management ziehen?
Der Umgang mit Pferden hat mich früh gelehrt, Verantwortung für jemand anderes zu übernehmen und wichtige Entscheidungen in seinem Interesse zu treffen; Pferde sind sehr sensibel. Sie brauchen zum Beispiel eine klare Kommunikation und vertrauen dir nur, wenn die Chemie stimmt. Die eigene Körpersprache spielt dabei eine sehr wichtige Rolle. Ein Pferd zu verstehen lernen, ist tatsächlich eine Art Vorbereitung auf eine Führungsaufgabe. Ich schreibe auch gerade meine Masterarbeit in diesem Themenfeld. Der professionelle Reitsport verlangt zudem viel Disziplin und Ehrgeiz, das hat mir letztlich bei meiner Persönlichkeitsentwicklung geholfen.
Was würden Sie als Unternehmerin Frauen gern mit auf den Weg geben?
Besonders wichtig für Frauen ist meines Erachtens, sich selbst und den eigenen Fähigkeiten zu vertrauen. Ich musste erst lernen, mir immer wieder bewusst zu machen, was ich bisher geschafft habe. Das ist es, was ich weitergeben möchte. Außerdem: Netzwerken. Sich trauen, jemanden anzurufen, wenn man bei einer Sache nicht weiterkommt. Ich mache das öfter, greife zum Telefon und frage: Wie gehst du mit einem bestimmten Problem um, kennst du das? Umgekehrt bin auch ich jemand, den man immer um Rat fragen kann. Interview: Elisabeth Sennhenn