Mühldorf –Die Mittagszeit ist schon vorbei, doch es duftet auch um halb zwei Uhr nachmittags noch köstlich nach Gemüselasagne, Zwiebelkuchen und Hähnchen, freilich alles Bio: Im „Feinsinn“, einer Mischung aus Kantine, Café und Biofeinkost-Laden, trifft sich die Byodo-Belegschaft wie auch Mitarbeiter aus umliegenden Firmen und andere Hungrige.
Ins begrünte Atrium des „Feinsinns“ guckt man auch von den offen gestalteten Stockwerken der Byodo Naturkost GmbH aus, für die der noch junge Treffpunkt am Mühldorfer Firmensitz zunächst ein Experiment war. Und eine der großen Investitionen im Geschäftsjahr 2017, wie Josef Stellner, kaufmännischer Geschäftsführer, erzählt. „Inzwischen können wir sagen, dass sich der Aufwand gelohnt hat und das Konzept von unseren Mitarbeitern, aber auch von außen gut angenommen wird“, freut er sich. Sogar aus Österreich kämen inzwischen Ausflügler, um hier eine Mahlzeit einzunehmen und anschließend im Bioladen einzukaufen. Seit vergangenem Herbst unterstützt Stellner die langjährigen Geschäftsführer und Inhaber Michael Moßbacher und Andrea Sonnberger; das Führungstrio scheint gut zu funktionieren. Moßbacher und Stellner skizzieren gemeinsam die drei großen „Baustellen“, die sie 2017 teils schon gemeinsam bewältigt haben.
Über sechs Millionen Euro investiert
Neben der Fertigstellung des „Feinsinns“ waren dies die Übernahme der Mittagsverpflegung von bislang acht Mühldorfer Kinderbetreuungseinrichtungen sowie die Installation einer eigenen, professionellen Küche samt Personal. „Durch die Außer-Haus-Verpflegung, die vorher nicht zu unseren Geschäftsfeldern gehörte, haben wir viel gelernt“, schildert Moßbacher.
Bei allen drei neuen Geschäftsfeldern stünde für Byodo nicht der Gewinn im Vordergrund, betont er, der Mitte der 1980er-Jahre das Bio-Feinkostunternehmen gründete. Vielmehr handele es sich um eine „Herzensangelegenheit“. Man habe etwas für Mühldorf und die Mitarbeiter erreichen wollen.
Mit den großen Investitionen am Standort Mühldorf ging es schon im Jahr 2015 mit der Erweiterung der Zentrale los; Ende 2016 wurde der gesamte Anbau mitsamt der „Genussküche“ fertiggestellt. Insgesamt ließ Byodo sich dies 6,3 Millionen Euro kosten. Im Geschäftsjahr 2017 haben sich die Umsätze in Höhe von 23 Millionen Euro positiv entwickelt mit einer Steigerung von rund zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Das sind gute Zahlen für unsere Branche“, zeigt sich Moßbacher zufrieden. Die Marke Byodo sowie die eigene Cateringlinie lägen mit 4,5 Prozent im Umsatz-Plus. Vor allem der Cateringbereich – Byodo liefert dabei Großgebinde der eigenen Produkte an Kunden wie Großküchen und Profiköche – wachse: „Von der Universität bis zum Sternekoch ist alles dabei.“ Der größte Absatzmarkt mit 86 Prozent aller verkauften Produkte ist Deutschland. Neben dem Großhandel beliefert Byodo hier auch etwa 3500 Bioläden. Es folgen 20 weitere Märkte, darunter Asien.
Auch wenn sich die Produktpalette um Neuzugänge erweitert, wie zuletzt anlässlich der „BioFach 2018“ Ketchup in der drückbaren „Squeeze“-Flasche: Das Kernangebot bleiben hochwertige Öle (Byodo brachte einst das erste, hocherhitzbare Bio- Bratöl auf den Markt), Senfvariationen und Essige; im Bio-Feinkostbereich sei man bei diesen beiden Produkten Marktführer. Neuheiten wie die Flasche zum Drücken werfen im Haus auch Fragen auf: Nein, jene sei nicht aus biologischem Kunststoff, gibt Moßbacher unumwunden zu. Zwar hält er ein solches Material für die Zukunft und es liefen bei Byodo selbst Tests mit innovativen Folien aus Mais und Kartoffel, „aber die Biobranche ist für die eigene Entwicklung von umweltverträglichen Kunststoffmaterialien nicht groß genug. Wir müssen leider noch auf Standardverpackungen zurückgreifen.“
Auch wenn nach wie vor viele Byodo-Produkte glasverpackt sind, reflektiert man selbst über dieses Material, dessen Ökobilanz noch verbesserungswürdig sei. Deshalb und wegen des besseren Lichtschutzes fülle man inzwischen Öle auch in Dosen ab. Im „Feinsinn“ setzt Byodo auf Verpackungsvermeidung, etwa mit Abfüllstationen. Wo Verpackung notwendig ist, setze man auf recycelbare oder biobasierte Materialien.
2018 will Byodo weiter organisch wachsen und denkt an Produktinnovationen im Herbst – mehr will Moßbacher noch nicht verraten. Vorantreiben will man außerdem das eigene Senfbauern-Projekt in der Region. Der Klimawandel und seine Auswirkungen auf Rohstoffe und die Landwirte, welche sie für Byodo anbauen, beschäftigt das Unternehmen.
Immer jüngere Käuferschichten
So zieht man etwa Lehren aus 2017 mit seiner schlechten Apfelernte („so ein Ereignis hat für Jahre Auswirkungen auf Qualität und Preis von Waren“) oder dem überraschend vorzeitig ausverkauften Haselnussöl aus dem Piemont: „Ernteausfälle treffen die Biobranche härter als konventionelle Hersteller – Kunden, die wir neu gewinnen, sind es nicht gewohnt, dass Produkte eventuell vorübergehend nicht zu haben sind.“
Nach wie vor gibt es also viel (Überzeugungs-)Arbeit für die Biobranche, deren Zielgruppe sich laut Byodo übrigens spürbar verjüngt. Derzeit arbeitet daher ein eigenes Team in Mühldorf daran, diesem Trend auch den Byodo-Auftritt äußerlich anzupassen.