Serie: wie geht Innovation? - In der Genossenschaftsbank

Nutzwert und Spaß im Vordergrund

von Redaktion

Innovation: Ein Vorgang, bei dem ein Bereich durch das Anwenden neuer Verfahren und Techniken erneuert wird. So weit die Theorie. In einer neuen Serie soll ein Blick hinter die Kulissen bei regionalen Unternehmen und Dienstleistern zeigen, wie Innovation in der Praxis funktioniert.

Rosenheim – Sebastian Elbel sitzt hinter seinem sehr aufgeräumten Schreibtisch in seinem Büro in der Hauptstelle der Volksbank Raiffeisenbank Rosenheim-Chiemsee eG. Es ist ein gewöhnliches Büro mit einem eher langweiligen, hellgrauen Wandschrank und einem Computer. Eine kleine Kaffeemaschine hat Elbel, sonst sucht man Extravaganzen vergeblich. Kein Riesenflachbildschirm an der Wand, keine bunten, inspirierenden Bilder, keine Kreativ-Ecke zum Nachdenken – die Wirkungsstätte eines Innovationsmanagers stellt man sich irgendwie anders vor. Dabei habe das Rosenheimer Geldhaus im Genossenschaftsverbund eine Vorreiterrolle inne, was Innovation betrifft, wie Elbel erzählt: „Wir werden öfter von unseren Verbundpartnern und anderen Banken angerufen und nach unserer Meinung gefragt. Oder wir werden gebeten, eine Neuheit in der Praxis auszuprobieren.“ Zuletzt sei das bei einem Versicherungspartner der Fall gewesen, der eine App entwickelt hatte und Testkunden dafür brauchte.

Eine eigene Innovationsabteilung für die Rosenheimer Genossenschaftsbank: Das sei die Idee von Vorstandsvorsitzendem Hubert Kamml gewesen, berichtet Elbel.

„Viele Menschen haben viele Ideen“

Innovationsmanager Sebastian Elbel

Er selbst, Mitte 30 und interessiert an allem, was die Digitalisierung an Neuigkeiten zu bieten hat, ist ursprünglich ein „Bank-Gewächs“. Der Betriebswirt hat knapp zehn Jahre Erfahrungen im IT-Umfeld in der freien Wirtschaft gesammelt, unter anderem bei „Check24“, und ist seit knapp neun Monaten Leiter dieser Abteilung. „Sie wird in diesem Frühsommer noch um weitere Mitarbeiter wachsen“, verrät er, und das, obwohl sich – verteilt auf die Abteilungen Medialer Vertrieb und Marketing – bereits zehn Personen intensiv mit Innovationen beschäftigen. Damit steigt auch der Stellenwert von Innovationen bei der Bank weiter. Das sehe man auch daran, dass die verschiedenen Abteilungen und Geschäftsstellen untereinander ihre innovativen Ideen austauschten, sich gegenseitig im Kreativsein förderten: „Der Anstoß zur Videoberatung kam zum Beispiel aus der Hauptgeschäftsstelle Ruhpolding.“

Elbel arbeitet abteilungsübergreifend mit anderen, technikbegeisterten Kollegen zusammen. Innovation heißt für die Bank vor allem, keine technische Entwicklung zu verpassen, die relevant für die eigenen Kunden sein kann. Die ihnen einen echten Nutzwert bietet. Denn eines ist klar: Neuheiten müssen auch für die Bank wirtschaftlich sinnvoll sein. „Es geht nicht um Spielereien“. Elbel verbringt einen Großteil seines Arbeitstages daher mit „Trendscouting“: Er hält Ausschau nach digitalen und technischen Neuigkeiten. Liest und wertet Studien aus sowie Technik-Blogs und Fachartikel. Im Monat kämen bis zu 150 Stück zusammen, durch die er sich arbeite. Die Ergebnisse wertet er mit Kollegen aus, sammelt Ideen mit Mitarbeitern, sortiert diese und verwirft wieder einige, bis am Ende Klarheit darüber besteht, welche innovative Idee in ein Projekt münden könnte. Leitfragen seien dabei immer, abgesehen vom Nutzwert: „Findet der Kunde das spannend, ist die Idee etwas, das Spaß machen könnte?“ Ein Beispiel ist die Funktion „VR mobile Cash“ innerhalb der VR-BankingApp. Elbel beschreibt deren Entstehungsgeschichte in groben Zügen: Zunächst habe man den „marktgetriebenen Trend“ erkannt, nämlich dass fast jeder Kunde ein Smartphone besitzt und dieses auch immer dabei hat. So entstand die Idee, eine Funktion zu schaffen, um mit dem Smartphone Geld am Geldautomaten abheben zu können – ganz ohne Karte. Die Bank-Vorstände seien bei Entscheidungsprozessen wie der Prototyp-Entwicklung und dem Test einer Innovation stets involviert; im Zwei-Wochen-Rhythmus würde man sich austauschen. Kurze Wege im Haus und bei der Kommunikation sowie agiles Denken und Handeln, so Elbel, seien elementar.

Wenn man darf, aber nicht muss

„Uns ist zudem wichtig, dass wir Innovation nicht im Elfenbeinturm betreiben, sondern offen sind für das, was draußen passiert.“ Er und seine Kollegen seien regelmäßig Gast bei Google in München, nehme Gelegenheiten zum Netzwerken mit anderen wahr, die sich mit Innovation befassen. Das seien Experten aus der Region, Unternehmer, aber auch die Mitarbeiter der Raiffeisen-Verbundpartner wie Versicherungen, eine Bausparkasse oder eine Investment-Gesellschaft. Mit dieser, dem Leiter des Medialen Vertriebs Magnus Nilsson und Andreas Gasteiger, Leiter der Vertriebssteuerung, habe man zum Beispiel „MeinInvest“ entwickelt, ein digitales Angebot, mit dem Kunden Anlageoptionen daheim durchspielen und tätigen können: „Das System basiert auf einem Robo-Advisor und wir waren gespannt auf die ersten Rückmeldungen unserer Kunden, ob sie der Technologie denn auch vertrauen würden.“

Innovation könne schließlich auch bedeuten, dass die eigene Begeisterung für etwas Neues nicht auf die Kunden überschwappt. Während „MeinInvest“ gut anlaufe, habe man etwa mit dem jüngsten Angebot eines „VR Beacon“ eine Schlappe erlebt. Kunden, die Bluetooth auf ihrem Smartphone aktiviert haben, konnten sich von einem Beacon-Sender, der sich zum Beispiel in einer VR-Filiale befindet, Neuigkeiten aufs Handy schicken lassen. „Unser Test selbst in hochfrequentierten Filialen fiel aber leider eher enttäuschend aus.“ Elbel vermutet, die Technologie sei den Kunden einfach nicht bekannt genug gewesen. Er kann darüber lachen: „Wir müssen keinen Preis gewinnen, uns geht es nur um die Kundenbegeisterung.“ Diese sei übrigens relativ unabhängig von Alter oder Status der Kunden, das habe bereits der Trend zum Onlinebanking gezeigt.

Das Schöne an der eigenen Innovationstätigkeit sei, schließt Elbel, dass man – im Gegensatz etwa zur Direktbank – den Kunden die Wahl lassen könne, ob sie eine technische Neuerung nutzen wollen oder mit der analogen Alternative vorlieb nehmen. „Aber wer Innovation will, bekommt sie auch.“

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