Rosenheim/Altötting/ Mühldorf – Die Nachricht wurde kürzlich in vielen deutschen Medien verbreitet: Angeblich würde hierzulande jeder vierte Azubi seinen Ausbildungsvertrag vorzeitig kündigen.
Die IHK für München und Oberbayern hält dagegen: Diese Meldungen stimmten nicht ganz. Zwar würden immer wieder Verträge gekündigt, die Jugendlichen blieben aber größtenteils in der Lehre – sie verlassen also den Ausbildungsmarkt nicht. In den meisten Fällen wechseln die Azubis laut IHK ihren Lehrberuf oder den Ausbildungsbetrieb.
In Südostoberbayern würden zudem deutlich weniger Ausbildungsverträge vorzeitig aufgelöst als auf Bundesebene. In Stadt und Landkreis Rosenheim beträgt die Quote 22 Prozent, im Landkreis Mühldorf 18 Prozent sowie in den Landkreisen Traunstein und Altötting 15 Prozent. In Bayern sind es 21, auf Bundesebene knapp 26 Prozent.
„Gerade bei Azubis im ersten Jahr kommt ein Betriebswechsel heute häufiger vor. Die Situation ist weit weniger dramatisch, wie es die Meldungen hätten vermuten lassen“, ist Andreas Bensegger, Vorsitzender des IHK-Regionalausschusses Rosenheim, überzeugt. Laut bayerischen IHKs brechen nur rund acht Prozent der Azubis in Bayern ihre Lehre ohne Abschluss ab. „Für die südostoberbayerischen Betriebe aus Industrie, Handel und Dienstleistung bleiben die rund 7400 Azubis in Zeiten des Fachkräftemangels von größter Bedeutung“, unterstreicht der Rosenheimer Unternehmer. Die Vielfalt der Ausbildungsangebote mache es den Jugendlichen und jungen Erwachsenen nicht unbedingt leicht, sich zunächst für mehrere Jahre an einen Arbeitgeber zu binden, gibt IHK-Geschäftsstellenleiter Wolfgang Janhsen zu bedenken. „Dadurch, dass viele Lehrstellen unbesetzt bleiben, ist heute ein Wechsel der Ausbildungsbetriebe einfacher als noch vor zehn oder zwanzig Jahren.“
Defizite bei der Berufsorientierung?
In Stadt und Landkreis Rosenheim seien 2017 etwa 200 Lehrstellen unbesetzt geblieben, im Kreis Traunstein waren es 215, in Altötting und Mühldorf zusammen 210 Plätze. „Azubis betrachten die Probezeit oft als Zeit des Ausprobierens“, fügt Janhsen hinzu. Die IHK gibt ferner zu bedenken, dass auch Defizite bei der Berufsorientierung eine Rolle spielten. Etwa, wenn Vorstellungen aus dem Fernsehen nicht mit der Realität im Betrieb übereinstimmten. Die enge Zusammenarbeit der regionalen Unternehmen mit den Schulen sei hier ein wichtiger Faktor. Im Landkreis Rosenheim gibt es zum Beispiel den Arbeitskreis „SchuleWirtschaft“, darüber hinaus Begegnungsmöglichkeiten wie Schnuppertage und Praktika oder Messen. Hier hat sich die „JobFit“ der IHK als feste Größe bei Unternehmen wie Schülern etabliert und zwar landkreisübergreifend. Sie findet wieder am Samstag, 12. Mai, im Rosenheimer Kultur- und Kongresszentrum statt. sen