Rosenheim – Veronika Auer leitet die Arbeitsgruppe Bioökonomie an der Hochschule Rosenheim und beschäftigt sich mit Innovationen in der Holzlogistikbranche.
Womit befasst sich die Bioökonomie?
Die Bioökonomie gilt als wichtiges Element des gesellschaftlichen Wandels zu einer nachhaltigeren Wirtschaftsweise. Der deutsche Bioökonomierat definiert sie „als die Erzeugung und Nutzung biologischer Ressourcen (auch Wissen), um Produkte, Verfahren und Dienstleistungen in allen wirtschaftlichen Sektoren im Rahmen eines zukunftsfähigen Wirtschaftssystems bereitzustellen.“ Die dort veröffentlichte Definition macht auch deutlich, welchen Stellenwert eine ganzheitliche Betrachtung des Themas hat. Die Hochschule Rosenheim fokussiert sich im Rahmen der Bioökonomie traditionell auf den Rohstoff Holz und stellt dessen vielfältige Nutzungsmöglichkeiten in den Mittelpunkt. Meine Aufgabe als Leiterin der Arbeitsgruppe Bioökonomie besteht in der Koordination der einzelnen Kompetenzen und Forschungsvorhaben in diesem Bereich. Die ganzheitliche, systemische Sichtweise auf die kaskadierende (stufenförmig angeordnete, Anm. d. red.) Nutzung des Rohstoffes Holz ist dabei unerlässlich.
Sie haben kürzlich im Rahmen eines Workshops zur Innovation in der Holzlogistik einen Vortrag zum Thema „Holz-Hubs“ gehalten. Was kann man sich darunter vorstellen und was bedeuten Hubs für die Holzlogistik?
Die Hochschule Rosenheim und der Cluster Forst und Holz in Bayern luden im Rahmen des Interreg Projektes „Inno4wood“ im März Vertreter aus Wissenschaft, Verbänden, Speditionen und Industrie zu einem Expertenworkshop über „Innovationen in der Holzlogistik“ ein. Meine Aufgabe war die thematische Einführung und die Moderation des Workshops. Die Ideen eines Holz-Hubs basieren zum Teil auf „alten“ Holzhofkonzepten, zum Teil auf der Theorie der Hub-Spoke-Systeme (siehe Infokasten). Die Teilnehmer erarbeiteten Ideen und Voraussetzungen für die Anwendung von Hubs im Holzlogistikbereich. Dies umfasste unter anderem, wie die Möglichkeiten des Holztransportes per Bahn ausgebaut werden können oder die Umschlagszeiten – vom Lkw auf die Bahn und von da zurück auf den Lkw – reduziert werden können. Der Austausch unter den Experten soll sich künftig einmal im Jahr wiederholen.
Ende Juni sind Sie Referentin beim internationalen Holzbauforum in Meran bei Bozen. Ihr Thema lautet „Holz – eine überschätzte Ressource“. Wie kommen Sie zu der These?
Es freut mich sehr, die Chance zu bekommen, einen Vortrag im Rahmen des Holzbauforums zu halten. Der Titel meines Vortrags ist eher als Frage und weniger als These zu verstehen. Der Vortrag soll einerseits auf die vielen Ansprüche an den Rohstoff Holz und das damit verbundene Ökosystem Wald aufmerksam machen. Andererseits ist Holz ein wirklicher Tausendsassa – angefangen bei den traditionellen Holzprodukten bis hin zu wertschöpfungsstarken Produkten wie Chemikalien, Pharmazeutika oder bio-basierten Materialien. Die holzbasierte Bioökonomie fordert uns auf, durch einen systemischen und ganzheitlichen Ansatz bestehende Nutzungspfade zu überdenken. Die Umsetzung einer kaskadierenden Holznutzung eröffnet hier neue Perspektiven. Das bedeutet die mehrfache Verwendung des Rohstoffs Holz innerhalb eines Lebenszyklus‘ vor seiner abschließenden, energetischen Nutzung. Diese neuen Blickrichtungen lassen die Frage zu, ob wir Holz als einheimische Ressource bis dato nicht eher unterschätzt haben. Interview: Elisabeth Sennhenn