Interview mit BAV-Geschäftsführer Andy meindl

Vor komplexen Herausforderungen

von Redaktion

Neuötting – Heute eröffnet die umgestaltete Geschäftsstelle des Bayerischen Automatenverbands (BAV) wieder in Neuötting. Lange war sie in München beheimatet, bis man sich für den Standort im Südosten Oberbayerns entschied. Der Geschäftsstellenleiter und zugleich Erster Vorsitzender des BAV, gibt einen Einblick in die Branche. Die Digitalisierung stellt sie vor die nächste Herausforderung.

Wie ist der BAV aufgestellt?

Der BAV vertritt seit über 60 Jahren die kleinen und mittelständischen Automatenaufstellunternehmer. Mitglied sind Aufsteller von Unterhaltungsautomaten wie zum Beispiel Kicker oder Billard und von Geldspielgeräten. Für sie gelten die Beschränkungen der Gewerbeordnung und der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit in Gaststätten und Spielhallen. Es gibt in Deutschland elf Landesverbände und zwei Fachverbände, den Bundesverband Automatenunternehmer und die Deutsche Automatenwirtschaft, die DAW, als Dachverband. In ihr sind zum Beispiel auch die Automatenindustrie und der Großhandel vertreten.

Welche Aufgaben und Ziele hat der BAV?

Der BAV vertritt die Mitglieder gegenüber Politik, Verbänden und Presse, unterstützt sie etwa bei der Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen. So wurde etwa mit dem bayerischen Innenministerium das betriebliche Sozialkonzept abgestimmt, das Spielerschutzmaßnahmen zusammenfasst. Mit der Berufsgenossenschaft wurde ein Sicherheitskonzept erarbeitet. Wir haben auch die Zertifizierung von Spielhallen zum Einhalt von Spieler- und Jugendschutzmaßnahmen auf den Weg gebracht, die in Bayern Eingang in die Härtefallregelungen gefunden haben.

Beim Stichwort „Automat“ denkt man an Spielhallen und Zigaretten.

Zigarettenautomaten und Verkaufsautomaten sind nicht im BAV organisiert. Wir vertreten die Aufsteller von Unterhaltungsautomaten mit und ohne Gewinnmöglichkeit. Früher waren auch Jukeboxen oder Automaten mit Computerspielen unser Thema. Durch die Digitalisierung finden Computerspiele nun im Kinderzimmer statt. Den Hauptanteil stellen heute Geldspielgeräte dar.

Wie stehen die Automatenunternehmen da, gibt es Zahlen?

In Bayern sind zirka 6000 Personen im Bereich des gewerblichen Automatenspiels beschäftigt, bundesweit 70000. 75 Prozent der Mitarbeiter sind weiblich. Im Aufstellerbereich wurde 2017 bundesweit ein Nettoumsatz in Höhe von 6,017 Milliarden Euro erwirtschaftet.

Welche Themen beschäftigen die Branche besonders?

Der Glücksspielmarkt durchläuft aktuell einen intensiven Transformationsprozess und die Branche steht vor komplexen Herausforderungen. Ein massives Problem für Verbraucher ist die Unübersichtlichkeit des Marktes. Viele Konsumenten schätzen die Qualität und Legalität der vielfältigen Glücksspielangebote falsch ein. Zudem hat diese Intransparenz auch negative Auswirkungen auf die öffentliche Wahrnehmung. Diese ist stark von Vorurteilen und Misstrauen geprägt. Das gewerbliche Geldspiel ist der am strengsten regulierte Bereich am Glücksspielmarkt. Durch den Glücksspielstaatsvertrag 2012 wurde zusätzlich noch eine quantitative Beschränkung von Spielhallen eingeführt, das Verbot von Mehrfachkonzessionen und ein Mindestabstand zwischen Spielhallen, für Neugenehmigungen gilt ein Abstand von 500 Metern in Bayern. Durch die umsichtige Anwendung der im Gesetz vorgesehenen Härtefallregelung konnte in Bayern ein Kahlschlag verhindert werden. 2021 werden weitere Regelungen erwartet, da gilt es, diese Qualitätsaspekte zu bewahren. Etwa, um den den Spieler- und Jugendschutz hochzuhalten.

Wie sieht die Zukunft der Automaten vor dem Hintergrund der Digitalisierung aus?

Das Erscheinungsbild der Automaten hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt – weg von mechanischen Geräten hin zu computerbasierten Automaten. Die Entwicklung wird hier auch weitergehen. Das gilt auch für die Prävention, zum Beispiel durch Gesichtserkennungssoftware für Minderjährige oder gesperrte Personen. Das stetig zunehmende Glücksspiel im Internet, das vollständig illegal stattfindet, ohne jeden Spieler- und Jugendschutz, ist aktuell eine der größten Bedrohungen für das geregelte gewerbliche Automatenspiel. Sportwetten sind aktuell ebenfalls nicht wirksam geregelt. Man muss eine Regelung finden, die alle Glücksspielformen gleich behandelt und nicht zur Vernichtung des gewerblichen Automatenspiels führt.

Die Automatenwirtschaft bildet auch aus. Wie sind die Zukunftsaussichten für Automatenfachleute?

Ausgebildet wird seit 2008. Das Berufsbild der dreijährigen Ausbildung ist zweigeteilt – es gibt eine kaufmännische und eine technische Schiene. Auch Verkaufsautomaten sind in der Ausbildung enthalten. Mittlerweile wurden über 1200 Automatenfachleute ausgebildet. In den vergangenen Jahren haben sich aufgrund der unsicheren Zukunft einige Betriebe nicht getraut, auszubilden. Auch unsere Branche ist vom Fachkräftemangel betroffen. Mit der breit gefächerten Ausbildung ergeben sich für die Auszubildenden aber insgesamt sehr gute Berufsaussichten.

Interview: Elisabeth Sennhenn

65 Jahre Bundesverband der Automatenunternehmer e.V. - Zahlen

1953 wurde der Bundesverband der Automatenunternehmer gegründet. Die Branche kämpft seit Jahren immer wieder mit veränderten, gesetzlichen Rahmenbedingungen, die das Gewerbe stark regulieren. Anbieter von Glücks- und Gewinnspielen haben am Freizeitmarkt einen Anteil von vier Prozent, Geld-Spiel-Geräte zwei Prozent.

Einige weitere Zahlen zur Deutschen Automatenwirtschaft:

Umsatz der Gesamtkassen legaler Anbieter am Glücks- und Gewinnspielmarkt: 12 Milliarden Euro, davon 50 Prozent Unterhaltungsautomaten.

5000 kleinere und mittlere Aufstellerunternehmen. Sieben etablierte Hersteller, 20 Großhändler und Importhäuser.

Umsatz Industrie und Großhandel 2017: 760 Millionen Euro.

Spieleraufwand: Nach alter Spielverordnung (bis Ende 2005) Auszahlquote von 66,7 Prozent bei einem Spieleraufwand von 20 bis 25 Euro pro Stunde. Seit 2006 gilt keine Auszahlquote mehr. Aktueller Spieleraufwand pro Stunde: fünf bis 15 Euro.

Steuern und Sozialabgaben:

2,5 Milliarden Euro/Jahr, davon eine Milliarde Euro kommunale Vergnügungssteuer.

9000 Aufstellplätze mit insgesamt 292700 Bargeld-Spielgeräten. Davon 255000 Geld-Spiel-Geräte (- 9000 gegenüber 2016), 19700 Sportspielgeräte, 10400 Bildschirmspielgeräte, 2200 Flipper, 5400 Internet-Terminals.

Fünf Millionen Deutsche spielen regelmäßig, weitere fünf Millionen gelegentlich an Geld-Spiel-Geräten.

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