Bachmehring/Innsbruck – Von der Münchner U-Bahn anno 1972 über die ICE-Neubaustrecke von München nach Berlin bis zum Bau des Brennerbasistunnel: Die Firma Huber & Sohn ist oft dabei, wenn es gilt, komplizierte Schalungen aus Holz für komplizierte Formen aus Beton zu bauen. In ganz Europa sind die Spezialisten aus Bachmehring gefragt. Beispielsweise wenn ein Wasserkraftwerk, ein Tunnel oder extrem exakte zu betonierende Windkanäle für die Automobilindustrie gebaut werden.
So war es naheliegend, dass sich beim Bau des Brennerbasistunnels die beauftragten Baufirmen bei den Bachmehringer Spezialisten meldeten, als es um Betonschalungen ging, die man mit Stahlkonstruktionen nur sehr aufwendig fertigen konnte. Denn für etliche Aufgaben sind diese zu schwer, zu kompliziert und zu teuer.
Firmenchef Josef Huber: „Beim Finden von Sonderlösungen haben wir in der Branche schon etliche Alleinstellungs-Merkmale. Dafür sind wir bekannt und werden entsprechend angefragt.“ Der Leiter der Schalungsbau-Abteilung, Günther Pilger, ergänzt: „Baufirmen beziehen uns schon von Anfang an in ihre Planungen mit ein und fragen nach, welche Lösungen wir für die wirklich komplizierten Gewerke anbieten – und als führendes Unternehmen im Schalungsbau finden wir immer einen Weg.“
Für Firmenchef Huber liegt der wichtigste Teil der umfangreichen Vorarbeiten für das Brenner-Projekt in der Arbeit seines eingespielten Ingenieur-Teams: die aufwendige Entwicklung von Konzepten, wiederholte Planungen erstellen, Prüfungen der Statik und schließlich die Abstimmung mit dem Auftraggeber. Erst wenn die Freigabe der Konstruktionen durch den Auftraggeber erfolgt sei, so Huber, werde mit der handwerklichen Arbeit begonnen. „Bis wir die erste Rechnung stellen können, fallen da schon Kosten von einigen 100000 Euro an.“
Jedoch sei die Struktur des Unternehmens schon seit den 70er-Jahren auf Großprojekte im Schalungsbau ausgerichtet. „Denn nur so, in eingespielter Teamarbeit“, weiß Huber, „sind derartige Aufgaben zu stemmen. Und nur so kann sich das Unternehmen auch Anschlussaufträge sichern und die Mannschaft zusammenhalten.“
Ist der Auftrag unter Dach und Fach, werden in Bachmehring die Schalungsgerüste gebaut und als Baukasten-System gegliedert. „Und zwar so“, listet Pilger auf, „dass die einzelnen Teile per Lkw transportiert und von den Teleskopstaplern im Tunnel auch gehoben werden können.“ Freilich müsse dabei die jeweilige Gesamtkonstruktion so ausgelegt sein, dass sie dem enormen Druck der umgebenden Betonmassen – bis zu 750 Tonnen – gewachsen sei.
Pilger, der seine Karriere bei Huber & Sohn vom Zimmerer-Lehrling zum Fertigungsmeister, dann zum Bauleiter und schließlich verantwortlichen Abteilungsleiter „Schalungsbau“ absolvierte, erzählt, was das Unternehmen nun konkret im Brenner-Basistunnel baut: „Wir gestaltet vier Kreuzungsbauwerke zwischen dem Haupttunnel und seitlichen Rettungsstollen. Im Tunnel selbst fertigen wir neun jeweils zwölf Meter lange ,Aufweitungs-Bauwerke‘.“
Das sind zum einen seitliche Tunnel-Nischen, in denen technische Einrichtungen untergebracht sind, aber auch Abzweigungen für Stollen, die von Rettungsautos befahren werden können. Pilger: „Und das alles etliche Kilometer weit im Tunnel und rund 200 Meter unter der Erdoberfläche.“
Die Schalungs-Abteilung umfasst in der Regel zehn hochqualifizierte und zum Teil schon seit Jahrzehnten für das Unternehmen tätige Mitarbeiter. Bei Großprojekten werden sie von gut ausgebildeten Zimmerern im Hause unterstützt. „Am Gesamtumsatz des Unternehmens von rund 50 Millionen Euro“, so Josef Huber, „ist der Schalungsbau mit etwa fünf Prozent beteiligt. Die Schalungen selbst werden im Rahmen des Gesamtunternehmens gefertigt, das gegenwärtig 270 Mitarbeiter beschäftigt.“
Fünf Monteure haben mittlerweile ihren temporären Wohnort an die Europabrücke südlich von Innsbruck verlegt, um dort die komplizierten Montagearbeiten abzuwickeln. Zusammenbauen der einzelnen Elemente samt standsicherem Verkeilen genügt natürlich nicht.
Vorher muss die Tunnelröhre mit Vliesen ausgekleidet und gepolstert werden, um keine Abdichtungsbahnen zu beschädigen. Anschließend wird eine Abdichtung gegen hereindrückendes Wasser angebracht. Und wenn die Armierungseisen verlegt worden sind und die Bauüberwachung das Gewerk abgenommen hat, erst dann tritt die Betonierpumpe in Kraft.
Es muss aber noch mehr passen: Mit einer Schalung kann nur ein Teilsegment eines Tunnels betoniert werden. Also ruhen die gesamte Schalungskonstruktion, der „Schalungswagen“, auf absenkbaren Rädern. Ist ein Segment fertig und der Beton ausgehärtet wird das Schalungsgerüst herausgezogen, nach vorne gefahren, neu ausgerichtet – und das Spiel beginnt bis zu sechsmal von neuem.
Eine Wissenschaft für sich ist etwa die Platzierung der Betonfüllstutzen. Der Beton darf nicht höher als einen Meter fallen, weil sich sonst die Bestandteile tendenziell entmischen. Deshalb müssen die Stutzen letztlich entsprechend angehoben werden können.
Schalungen
sind Unikate
Und es gilt noch viele weitere technische Spezifikationen zu berücksichtigen, schließlich sind die Spezialisten von Huber & Sohn auch für die gesamte Betonierung mit ihren Schalungen voll verantwortlich. Die Schalungen sind allesamt Unikate und können in der Regel nicht auf anderen Baustellen eingesetzt werden.
Günther Pilger und seinen Mitarbeitern blutet schon ein klein wenig das Herz, wenn sie sehen, wie tadellos ihre Konstruktionen die gestellten Aufgaben erfüllen – um dann zumeist vom Bauunternehmer „zur Energiegewinnung herangezogen“, sprich: verheizt, zu werden.