Mühldorf – Das neue Werk in Rumänien mit Arbeitsplätzen für 600 Mitarbeiter und dualem Ausbildungsangebot ist in Betrieb. Die 200-Millionen Euro-Umsatzhürde ist genommen und in den Hauptsitz Mühldorf wurde kräftig investiert: Das Geschäftsjahr 2018 war für die Mühldorfer ODU GmbH, Spezialist für Steckverbinder und größter Arbeitgeber des Landkreises, voller Superlative. „Ganz so stark wird es mit dem Wachstum 2019 aber nicht weitergehen“, zeigt sich Geschäftsführer Dr. Kurt Woelfl beim Jahresbilanztreffen realistisch. Noch spüre man von der allseits prophezeiten Konjunkturabschwächung nichts; für 2019 plane man bei ODU weitere Investitionen und eine moderate Steigerung.
20 Millionen Euro sollen in diesem Jahr für Investitionen allein in Mühldorf bereit stehen, genauso viel wie 2018. Fertiggestellt wurden mit diesem Geld im vergangenen Jahr die neue Dreherei und Verwaltungsräume; noch etwas wird es Woelfl zufolge dauern, bis die Neubauten für die Oberflächentechnik und Logistik in Betrieb genommen werden. Aktuell zeugt die Baustelle neben dem Hauptgebäude vom Fortschreiten dieser Projekte.
Neun Millionen Euro flossen insgesamt in das Rumänische Werk in Sibiu; das Grundstück dafür hat ODU 2017 erworben. Dort findet die Kabelkonfektion für den europäischen Markt statt, die Montage für die Push-Pull-Rundsteckverbinder, sowie die Produktion von Elektronikprodukten.
Brexit: ODU UK nicht betroffen
Neu in der „ODU-Familie“: Der Standort in Südkorea, der Anfang dieses Jahres gegründet wurde, wie Denis Giba, seit knapp einem Jahr in der Geschäftsführung als Nachfolger von Dr. Joachim Belz, erzählt. „Wir wollen den Markt dort nach und nach ausbauen und setzen auf Firmengründungen vor Ort, nicht nur auf Vertriebsniederlassungen. Das schafft Vertrauen und Sicherheit für die Kunden.“ Die Zusammenarbeit mit Lieferanten sei auf diese Weise einfacher. So sei man auch vor drei Jahren verfahren, als die japanische Tochterfirma gegründet wurde. Wenn es möglich ist, setzt ODU auf eine lokal integrierte, deutsche Geschäftsführung an den ausländischen Standorten. Gern setze man dafür langjährige Mitarbeiter ein, die bisweilen selbst in Mühldorf ihre Laufbahn begonnen haben – wie etwa der Geschäftsführer der amerikanischen Tochter. „Was nach wie vor im Ausland zählt, sind Werte wie langfristiges Denken und Planen sowie die mittelständisch geprägten Unternehmensstrukturen“, fasst Giba zusammen.
ODU ist weltweit als führender Anbieter elektrischer Verbindungstechnik etabliert, setzt neben den europäischen Märkten stark auf Russland, Asien (15 Prozent Marktanteil) und Nordamerika (25 Prozent). Gerade der russische Markt entwickle sich sehr gut, führt Woelfl aus. In den USA unterhält ODU einen Logistikstandort, in Mexiko und China je eine Produktion (zehn Prozent Marktanteil). Vom Handelskrieg zwischen beiden Ländern ist der Mühldorfer Mittelständler derzeit in Bezug auf einen in China gefertigten Stecker betroffen, so Woelfl. Man warte erst einmal die weitere Entwicklung des Handelskonflikts ab, sei jedoch flexibel genug, um sich kurzfristig für die Produktion an einem anderen Standort zu entscheiden, sollte dies nötig werden: „Das Werk in den USA könnten wir ausbauen, auch in Mexiko haben wir Kapazitäten.“ In den USA sei man ansonsten sehr präsent und gut etabliert, für US-Hersteller lizenziert. Ein Meilenstein sei 2018 etwa die Entwicklung eines Steckverbinders für den Marktführer der US-Unterhaltungselektronik gewesen, der bei Live-Konzerten in den Ohrsteckern der Interpreten Anwendung findet. „Aus Mühldorf kommt auch die exklusive Konstruktion für einen bekannten US-Hersteller von Filmkameras.“ Solche kundenspezifischen Produkte machten zwei Drittel der Produktion aus.
Kaum Sorgen macht den Mühldorfern der Brexit. „ODU UK beschäftigt nur englische Arbeitnehmer.“ Die Unternehmenstochter auf der Insel habe 2018 gute Zahlen geschrieben und viele Projekte dort seien langfristig angelegt, etwa in der Medizintechnik. In naher Zukunft sehe man keine Änderungen, egal, wie es mit dem EU-Ausstieg der Engländer weitergehe.
Die Medizintechnik ist für ODU einer der am deutlichsten wachsenden Märkte. Ein ebenso starkes Segment ist laut Wölfl der Bereich Automotive mit E-Mobilität: „Wir fertigen zum Beispiel Steckverbinder für Ladesysteme.“ Relevant, aber nicht stark wachsend sei der Bereich Militär- und Sicherheitstechnik, für den ODUhauptsächlich Elemente für Elektrotechnikbauteile produziere. Einen kleinen Bereich nehme weiterhin die Luftfahrt ein; so fertige man etwa Steckverbinder für Drohnen.
Eltern vom dualen Weg überzeugt
Großen Raum nehmen bei ODU die Belange der eigenen Mitarbeiter ein. So führt die Geschäftsführung gerade intensive Gespräche mit anderen Arbeitgebern des Landkreises und der Kommune, mit dem Ziel, den Anschluss der Unternehmen an den ÖPNV zu verbessern. Breiten Raum nimmt die Ausbildung der etwa 130 Lehrlinge in Mühldorf ein, die durch zusätzlichen Kunstunterricht vielschichtig gefördert werden. Eine Neuerung, die ODU langfristig beschäftigen wird, wie Giba und Woelfl erzählen, ist, die duale Ausbildung aus Deutschland an den ausländischen Standorten zu etablieren. In Rumänien und in China gibt es erste Erfahrungswerte dazu: „Vor allem mussten wir die Eltern unserer Lehrlinge erreichen und sie überzeugen, dass das duale System viele Vorteile hat.“ In Kürze werden die ersten dual ausgebildeten Absolventen in Rumänien erwartet. In Mexiko und China wird es 2020 so weit sein.