Rosenheim – Vom Geschäftsmodell her zählt die genossenschaftliche Bank zum Weltkulturerbe. Die Volksbank Raiffeisenbank Rosenheim-Chiemsee eG ist aber auch ein „Digital Native“ und hält als solcher von Beginn des digitalen Zeitalters an Schritt mit technologischen Neuerungen. „Ich habe heute Morgen schon online an der Wahl der neuen Mitgliedervertreter teilgenommen“, erzählt Vorstandsvorsitzender Hubert Kamml zu Beginn der Bilanzvorstellung des Geschäftsjahres 2018. Ihm können es die Genossenschaftsmitglieder – Ende Dezember 2018 waren es 79239 –, sofern sie ein Online-Postfach haben, gleichtun.
Wie sehr die Digitalisierung die Bank beschäftigt, zeigen etwa die sich verändernden Berufsfelder: Waren die Mitarbeiter vor 20, 25 Jahren überwiegend Bankkaufleute, werden heute zunehmend IT-Experten sowie Experten auf den Gebieten Programmierung, medialer Vertrieb, Datenbanken und Innovationsmanagement gesucht. „Auch die Berater sind häufig Spezialisten in einem bestimmten Themenfeld, sei es betriebliche Altersvorsorge, Stiftungsmanagement oder Agrar“, so stellvertretender Vorstandssprecher Mirko Gruber, „sie können Kunden sogar beim Aufbau ihres Internetshops zur Seite stehen.“
Der Kunde: Was er sich wünscht und vor allem, mit welcher Technik er sich in Zukunft befasst, müsse die Bank heute fest im Blick haben, so Hubert Kamml. Vieles, was man einst nicht für möglich gehalten hätte, sei inzwischen Realität. Etwa, dass der Mobilfunk gegenüber anderen Kommunikationsmöglichkeiten wieSkype oder Facetime rückläufig ist. Für die Bank heißt das, hier technische Lösungen anbieten zu müssen, um für Kunden langfristig attraktiv zu bleiben. Über 80 digitale Services hat man bislang mit den Partnergesellschaften auf den Weg gebracht – damit Kunden wortwörtlich ihre Bankgeschäfte auch von unterwegs aus erledigen können. Oder dann, wenn kein Bankschalter besetzt ist, etwa am Wochenende.
Mehr Zeit dank digitaler Technologien
So verarbeitet etwa ab März eine Roboterlösung bestimmte Kundenanfragen. „Ein Kunde zieht um und meldet uns am Samstagabend seine neuen Adressdaten. Am Montag sind schon alle Verträge und Dokumente, auch bei etwaigen Partnerunternehmen, umgestellt“, schildert Dr. Mario Voit vom Vorstand. Für die Bankmitarbeiter hieße die diese technische Neuerung, mehr Zeit zum Beispiel für die persönliche Beratung zu haben. Denn die schätzten Kunden nach wie vor – typische „Hybridkunden“ etwa erledigten einen Teil der Bankgeschäfte von zu Hause oder vom Smartphone aus, wollten aber doch hin und wieder die Meinung ihres Beraters hören.
Geht es dabei zum Beispiel ums Thema Geldanlage, wird der VR-Berater dem Kunden in diesen Zeiten eine ausgewogene Anlagestruktur mit breiter Streuung empfehlen: Das Depot füllen kann der Anleger wiederum daheim, mit dem digitalen Anlage-Assistenten „MeinInvest“, den die Bank vor gut einem Jahr gestartet hat. Die Resonanz sei bislang positiv, sodass man derzeit einen digitalen Baufinanzierungs-Assistenten testet, der bald verfügbar sein soll. Insgesamt, so Voit, berge die Digitalisierung enorme Chancen für die Bank, vor allem auch für deren Beschäftigte.
Über 100 neue Wohnungen
Über 1000 Mitarbeiter, davon 66 Auszubildende: Beim Thema Fachkräfte geht es der Bank nicht anders als vielen Unternehmen in der Region – sie sind gesucht und werden entsprechend umsorgt, denn man müsse sich auch als attraktiver Arbeitgeber positionieren, so Kamml. Die Bank fördert etwa gezielt Frauen, hat dafür sogar die Formulierung von Stellenanzeigen auf weibliche Bewerber zugeschnitten. Sie unterhält einen Sozialfonds für Mitarbeiter, bietet Schulungen und ein kreatives Kursprogramm an.
Darüber hinaus tritt sie zunehmend als Bauherr in Erscheinung. Wie berichtet, entsteht in Rosenheim demnächst ein neues Geschäftsstellen-Flaggschiff. Zudem stellt die Bank künftig regional über 100 Neubauwohnungen fertig und will damit –neben reger Spenden- und Sponsoringtätigkeit und Beiträgen zu Stiftungen – einen gesellschaftlichen Beitrag vor Ort leisten.