Rohrdorf – Die Nachricht verbreitet sich seit Donnerstag wie ein Lauffeuer: Für den Großteil der 450 Mitarbeiter im Thansauer Werk von Schattdecor gilt ab März für voraussichtlich sechs Monate Kurzarbeit. Dabei gilt das Unternehmen als solide, ist Weltmarktführer auf dem Gebiet des Dekordrucks. Dem Vernehmen nach soll ein schwedisches Möbelhaus sein sonst großes Auftragsvolumen stark zurück gefahren haben.
Wie berichtet, bleibt man bei Schattdecor trotz der anstehenden Kurzarbeit, die für die Mitarbeiter finanzielle Einbußen bedeutet (siehe Infokasten) positiv gestimmt. „Vor zehn Jahren waren wir in derselben Ausgangssituation“, so Vorstandschef Auer. „Nur, dass wir heute international – durch die Auslastung und Nachfrage an unseren Standorten wie Südamerika, China und Russland – noch stärker aufgestellt sind.“ Man wolle den Blick nach vorne richten und „im Team solidarisch daran zu arbeiten diese schwierige Phase zu überwinden.“ Laut Unternehmen sei für den unerwarteten Einbruch die unter Druck geratene europäische Möbel- und Holzwerkstoffindustrie verantwortlich. „Bereits seit Monaten verzeichnet die gesamte Branche im zentraleuropäischen Bereich einen sehr verhaltenen, untypischen Geschäftsverlauf“, erklärt Vorstandsvorsitzender Roland Auer.
Zumindest für die deutsche Branche kann Anemon Strohmeyer, Geschäftsführerin des Verbands der deutschen Holzwerkstoffindustrie e.V. (VHI), eine Krise nicht bestätigen: „Eine massive Anspannung des Marktes hierzulande sehen wir nicht.“ Dennoch sei es möglich, dass es bei einzelnen Unternehmen zu „individuellen Verschiebungen“ komme.
Europäischer Markt erholt sich langsam
Aktuelle Marktdaten des VHI, veröffentlicht im Januar, zeigen allerdings: Der Umsatz der Holzwerkstoffindustrie ist von Januar bis November 2018 gegenüber 2017 um 0,3 Prozentpunkte auf 4,5 Milliarden Euro leicht gesunken. Im Sommer 2018 erreichte der Umsatz mit 3,9 Milliarden Euro seinen Tiefstand. Schattdecor bezeichnet die Mitte des vergangenen Jahres auch als den Zeitpunkt, an dem Spekulationen über die sinkende Nachfrage begonnen hätten. Daten des Statistischen Bundesamts zeigen insgesamt einen Rückgang etwa bei der Produktion von Furnier- und Faserplatten von jeweils über zwei Prozent, bei Laminatböden um fünf Prozent, bei Holz-Kunststoff-Verbundwerkstoffen um über 20 Prozent. Die Abensberger Unternehmensberatung bwc, die unter anderem die Holzwerkstoffindustrie beobachtet, analysiert: „Der europäische Markt für Holzwerkstoffe erholt sich nach der Finanzkrise 2009 nur langsam.“ Die Fakten: mäßige Nachfrage, nur langsame wirtschaftliche Erholung, teils stark steigende Holzkosten, anhaltende Restrukturierung innerhalb der Branche und große regionale Unterschiede.
Schattdecor fertigt unter anderem bedruckte Dekorpapiere, die in der weiterverarbeitenden Holzwerkstoffindustrie für dekorative Oberflächengestaltung eingesetzt werden. sen