Kolbermoor – Die Zeichen stehen trotz der Krise am eigenen Produktionsstandort gut für die britische Automarke mit der Großkatze, die zum Sprung ansetzt. Die aktuellen Zulassungszahlen des Kraftfahrtbundesamts vom Februar zeigen, dass die Marke Jaguar mit einem Plus von 39,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat die meisten Zuwächse für sich verbuchen kann.
Bayern ist für Jaguar und seine Schwestermarke Land Rover der größte Markt innerhalb Deutschlands. Anfang des Jahres gab die Automarke bekannt, das eigene Händlernetz im Freistaat erweitern zu wollen.
Auf alle Varianten
des Brexit vorbereitet
Zwischen Salzburg und München ist Premium Cars in Kolbermoor der einzige Vertragshändler für Jaguar mit autorisierter Werkstatt und eröffnet heute Abend den Neubau seines Autohauses – als einer von fünf bayerischen Händlern der beiden Marken. Der Standort in Kolbermoor gehört zur Auto Eder-Gruppe und besteht seit dem Jahr 2000.
„Mit dem Neubau haben wir unsere Präsenz in Rosenheim und der Region noch einmal kräftig ausgebaut“, bestätigt Premium Cars-Geschäftsführer Willi Bonke den Wachstumskurs der Marke. 800 Quadratmeter groß ist die Ausstellungsfläche, dazu kommen 600 Quadratmeter Service- und Werkstattbereich. 50 Mitarbeiter, davon zehn Auszubildende, arbeiten dort. Derzeit verkaufe man in Kolbermoor jährlich rund 600 Neu- und Gebrauchtfahrzeuge, so Bonke. Allerdings macht der drohende Ausstieg Großbritanniens aus der EU den großen Automobilhersteller, der bislang im Königreich rund 40000 Menschen beschäftigt, nervös: Tausende Stellen sollen künftig gestrichen werden; zeitweise wurde bereits die Produktion im englischen Werk heruntergefahren. Daran sollen nach Einschätzungen der Branche aber vor allem ein Absatzeinbruch in China schuld sein. „Wir haben alle Vorkehrungen für die möglichen Ausgänge des Brexit getroffen und hoffen, dass es keine Auswirkungen auf die Käufer hat“, so Jaguar Land Rover-Marketinleiter Deutschland Brian Fousse gegenüber den OVB-Heimatzeitungen. Er ist anlässlich der Eröffnung des Neubaus bei Premium Cars in Kolbermoor zu Gast. „Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir, um als produzierendes Unternehmen in England wettbewerbsfähig zu bleiben, freien und uneingeschränkten Handel mit der EU benötigen und freien Zugang zum europäischen Arbeitsmarkt.“
Beide Marken setzen auf Elektrifizierung
Wie die gesamte Automobilindustrie hatte der Hersteller 2018 neben „schwierigen Marktverhältnissen in China, wie Fousse sagt, mit der Dieselaffäre in Europa und Deutschland zu kämpfen. Man könne angesichts dessen mit den Verkäufen zufrieden sein, gebe aber keine Prognose zu künftigen Absatzzahlen. Sicher sei jedoch: Die Investitionen in Fahrzeuge und neue Technologien gingen aber weiter. Künstliche Intelligenz, Vernetzung und smarte Anwendungen halten Einzug bei den Fabrikaten. Hybride Antriebstechnologien und effiziente Motoren kommen ebenso. Die Engländer waren einer der ersten Hersteller, der alle Fahrzeuge mit WLTP, der neuen Norm für Verbrauchsmessungen, anbieten könne. Jaguar hat kürzlich einen vollelektrischen SUV eingeführt – Geländelimousinen sind das am schnellsten wachsende Segment im Markt. Ab 2020 werden alle neuen Jaguar und Land Rover Fahrzeuge über eine elektrische Option verfügen. Aber auch Diesel- und Benzinmotoren hätten Brian Fousse zufolge weiter große Bedeutung. Weltweit hat Jaguar Land Rover im vergangenen Jahr knapp 593000 Fahrzeuge verkauft; allein in Deutschland konnte der britische Hersteller seinen Absatz zwischen 2011 und 2018 um 127 Prozent steigern, von 12158 Fahrzeuge auf 27641.
Positiver Blick
in die Zukunft
Auch wenn die Marke Land Rover zu Jahresbeginn bei den Zulassungszahlen in der BRD einen Verlust von 30 Prozent hinnehmen musste, machte sie zuletzt den Löwenanteil unter den deutschlandweiten Verkäufen aus: 2018 wurden laut Hersteller 18141 Land Rover sowie 9500 Jaguar verkauft. Seit 2011 hat Land Rover zugelegt, damals wurden in Deutschland knapp 8000 der britischen Geländefahrzeuge verkauft. In der Heimat der Traditionsmarken ist man stolz auf die Exportschlager auf vier Rädern; selbst die Queen sieht man bei offiziellen Anlässen aus einem Land Rover winken.
Man mag in der Ausweitung des Händlernetzes und in den Neubauten an den stärksten Standorten ablesen, dass Jaguar Land Rover trotz Brexit, geplantem Stellenabbau und kriselnden Märkten anderswo positiv in die Zukunft schaut. Geschäftsführer (CEO) Jaguar Land Rover weltweit, Ralf Speth, der im Landkreis Rosenheim lebt, hat sich öffentlich bei Tata Motors, seit der Wirtschaftskrise 2008 Eigentümer der Marken, bedankt: Man habe den Engländern den Weg freigemacht, sich nachhaltig zu wachsen. In der Branche gebe es Beispiele für Unternehmen, die nicht so viel Glück hatten.