Mietpreise und bezahlbarer wohnraum: Was sagen rentner dazu?

Mietpreisbremse: Zweifel am Nutzen

von Redaktion

Die Mietpreisbremse wird ausgeweitet: Ab 7. August kommen in der Region weitere Gemeinden hinzu. Doch Eigentümer und Interessensvertreter der Mieter sehen keinen Grund zum Jubeln. Sie bezweifeln den Sinn des Instruments.

Hubert Treml, 65, St. Georgen: „Ich sehe die Mietpreisbremse positiv. Ich besitze selbst ein Haus und bin froh, nicht Miete zahlen zu müssen. Viele Leute können sich die Mieten nicht mehr leisten. Ich habe zuletzt in Österreich zur Miete gewohnt. Dort sind die Preise humaner.“

Hubert Mayer, 65, Aschaffenburg: „Die Mietpreisbremse ist ein großer Fehler, nach dem Prinzip: Gut gemeint, schlecht umgesetzt. Dadurch kam es im Vorfeld überhaupt zu den extremen Mieterhöhungen. Ich suche selbst eine Wohnung, finde aber nichts Bezahlbares.“

Barbara Schiekel, 79, Prutting: „Ich bin selbst Mieterin und kenne die schwierige Situation und dass Miete oft nicht leicht bezahlbar ist. Ich finde, Deutschland sollte sozialer werden, nicht nur die Reichen unterstützen, sondern auch den Ärmeren unter die Arme greifen.“

Rosenheim/Brannenburg/ Mühldorf – Beim Wort „Mietpreisbremse“ könnte sich Dr. Ulrike Kirchhoff, Vorsitzende des bayerischen Haus- und Grundbesitzervereins, in Rage reden. „Wir haben es bereits in der Vergangenheit mehrfach betont: Die Mietpreisbremse verfehlt die Ziele, für die sie geschaffen wurde. Wohnungsknappheit kann nicht durch weitere Eingriffe in das Mietrecht reduziert werden.“ Dieser Meinung ist man auch in der Rosenheimer Geschäftsstelle des Vereins. Die Politik habe bislang keine Vorschläge gemacht, die auch auf lange Sicht zur Anregung von Neubautätigkeit, etwa durch Nachverdichtung, oder zu Baulandaktivierung anregen könnten, so der Verein.

Nachdem die 2015 in Kraft getretene Regelung bereits mehrfach nachgebessert und im Januar dieses Jahres verschärft wurde, gilt der Anwendungsbereich der Mietpreisbremse laut Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) im Freistaat ab dem 7. August nun in weiteren 25 Kommunen, insgesamt 162.

Acht weitere Gemeinden aus Kreis Rosenheim dabei

Bisher gilt das Instrument in den Städten Rosenheim, Bad Aibling und Kolbermoor sowie in der Marktgemeinde Prien. Neu hinzu kommen: Bad Endorf, Brannenburg, Feldkirchen-Westerham, Kiefersfelden, Raubling, Riedering, Rimsting und Stephanskirchen. Aus dem Kreis Traunstein kommen Traunreut und die Stadt Traunstein dazu. Keine Notwendigkeit sahen die dortigen Kommunen bislang für die Mietpreisbremse in Stadt und Landkreis Mühldorf. In Waldkraiburg war sie 2015 eingeführt, jedoch 2016 wieder aufgehoben worden. Auch für die Gemeinde Chiemsee wurde sie damals wieder von der Liste genommen. Während die Interessensvertreter der Haus- und Grundbesitzer das politische Instrument kategorisch ablehnen, kann Martin Rothammer vom Mieterschutzbund Rosenheim dem Konzept auch etwas Positives abgewinnen: „Neben der Mietpreisbremse in den jeweiligen Städten und Gemeinden gilt auch eine reduzierte Kappungsgrenze für Mieterhöhungen. Im laufenden Mietverhältnis darf die Miete um nicht mehr als 15 statt bislang 20 Prozent bis maximal zur ortsüblichen Vergleichsmiete angehoben werden.“ Für viele Mieter dürfte das ein schwacher Trost sein.

In der Region erfährt die Mietpreisbremse aktuell viel Kritik. Nicht nur vom Haus- und Grundbesitzerverein Rosenheim, sondern etwa auch aus der Bauwirtschaft.

In Brannenburg im Kreis Rosenheim entstehen gerade rund 300 moderne Wohneinheiten und 32 zusätzliche Sozialwohnungen für insgesamt 900 Menschen. „Dahoam im Inntal“ nennt sich das Großprojekt, das 2022 zum Abschluss kommen soll. Rupert Voss, Geschäftsführer vom Bauherrn „InnZeit“ aus Brannenburg, hält die Mietpreisbremse für ein beliebtes Schlagwort der Stunde.

Rentner finden schwer bezahlbaren Wohnraum

Er ist der Meinung, dass damit nicht die Ursache für zu wenig und zu teuren Wohnraum, „sondern nur ein Symptom“ bekämpft werde. „Um bezahlbaren Wohnraum langfristig für alle Bürger sichern zu können, müssten die Gesetze vor allem auch in Bezug auf das Bodenrecht angepasst werden“, ist er überzeugt.

Insbesondere Rentner täten sich schwer, so der Sozialverband VdK, überhaupt an bezahlbaren Wohnraum zu kommen, daher nütze dieser Gruppe ein Instrument wie die Mietpreisbremse in vielen Fällen nichts. So sucht etwa Silvio Gallo (Name von der Redaktion geändert) seit Monaten für seine Mutter in Rosenheim eine Einzimmer-Wohnung: Bisher seien sie an der 600-Euro-Grenze gescheitert, die sich die ältere, aber noch berufstätige Frau gerade leisten könne. Bevor Gallos Mutter überhaupt von der Mietpreisbremse profitieren könnte, muss sie also erst einmal an Wohnraum kommen, den sie sich leisten kann.

Ein Gesetz zum Schutz der Mieter – mit Ausnahmen

Die Mietpreisbremse trat in Bayern am 1. August 2015 in Kraft. Dieses erste Gesetz wird ab dem 7. August durch die neue Mieterschutzverordnung abgelöst, wie die Staatsregierung jetzt beschlossen hat. Die neue Verordnung gilt bis zum 31. Juli 2020. Für eine Verlängerung müsste der Bund die entsprechende Regelung im BGB verlängern. Das Gesetz besagt, dass bei Neuvermietung die Miete nur maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Ausgenommen sind Neubauten, Erstvermietungen von umfassend sanierten Bestandswohnungen sowie bestehende Mietverhältnisse. Neu ab dem 7. August ist weiter, dass die Mieterschutzverordnung in den 162 bayerischen Kommunen die Kündigungssperrfrist bei der Umwandlung vermieteten Wohnraums in Eigentumswohnungen verlängert. Käufer können den Mietern erst nach Ablauf von zehn Jahren (vormals drei Jahren) seit der Veräußerung wegen Eigenbedarfs kündigen. Außerdem wird die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen reduziert: Vermieter dürfen die Miete laufender Mietverhältnisse um nicht mehr als 15 Prozent (vorher 20 Prozent) und nicht über die ortsübliche Vergleichsmiete hinaus erhöhen.

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