Oberursel/Thalfang/Weiding – Zuletzt gab es zum Standort Weiding unterschiedliche Gerüchte. Ende Juni ließ die Almil-Geschäftsführung ein Schreiben im Werk aushängen, demzufolge ein Nachfolger für das Unternehmen gesucht werde. Wie es damals weiter hieß, gehe es auch darum, „den Standort Weiding zu sichern“ (wir berichteten). Die 117 Mitarbeiter reagierten laut Betriebsrat verunsichert, fürchteten weiteren Stellenabbau. Denn: Bevor Almil das Werk 2018 übernommen hatte, arbeiteten dort rund 200 Beschäftigte.
Hochwald will Werke nicht übernehmen
Die Thalfanger Molkerei Hochwald Foods will zum 1. Januar 2020 die Mehrheit an den Allgäuer Milchwerken, Almil, mit Sitz im hessischen Oberursel, übernehmen. Im Kreis Mühldorf arbeiten Hochwald und Almil am Standort Weiding bereits zusammen. Der nächste Schritt ist die Genehmigung der Übernahme durch die Kartellbehörden. Diese steht bis dato noch aus.
Hochwald teilt auf Anfrage unserer Zeitung über eine Sprecherin mit, dass mit dem Abschluss des Kaufvertrages aber „keine direkte Übernahme von Produktionswerken erfolgt“.
Ulrike Gross aus der Geschäftsführung im Weidinger Werk zufolge gibt man dazu aktuell keine Auskunft. Auch Werkleiter Josef Heigl ist nicht zu sprechen, der Betriebsrat befindet sich im Urlaub. Gefragt nach dem Hintergrund der überraschenden Mehrheitsbeteiligung, erklärt die genossenschaftliche Molkerei Hochwald: Man wolle seine Kapazitäten im Tradingbereich, also im Ankauf von Milch, erweitern und sich eine höhere Flexibilität bei den Rohstoffströmen sichern. Auch erhofft man sich weniger Abhängigkeit vom Spotmarkt, dem Handelsplatz für Milchprodukte.
Hintergrund: Für Aldi füllt das Unternehmen die „Milfina-Frischmilch“ und für Rewe dessen Eigenmarke „ja“ ab. Hochwald hält zudem die Markenrechte für „Bärenmarke“, die mittlerweile nicht mehr in Weiding, sondern in den Niederlanden abgefüllt wird.
Almil zahlt den niedrigsten Milchpreis
Hochwald gilt als drittgrößte Molkerei in Deutschland und zahlt nach eigenen Angaben derzeit einen „überdurchschnittlichen“ Milchpreis von 34,5 Cent je Kilo. Almil dagegen habe nach Brancheninformationen im Vergleich mit anderen deutschen Molkereien zuletzt mit 29,5 Cent je Kilo den niedrigsten Milchpreis gezahlt. Am Markt für den Milchpreis, der den Erzeugern von den Molkereien ausbezahlt wird, tobt indes ein Kampf um jeden Cent. Im deutschen Schnitt lag der Milchpreis 2018 bei etwa 34,3 Cent je Kilogramm. Jede Molkerei zahlt aufgrund ihrer Struktur ihren eigenen Milchpreis, der saisonal und regional schwanken kann, wie der Verband der Deutschen Milchindustrie informiert. In genossenschaftlichen Molkereien wie etwa Hochwald werde er durch den Vorstand festgelegt, in der privaten Milchwirtschaft gelten die ausgehandelten Verträge mit den Lieferanten.
Verträge
laufen weiter
Almil, deren Umsatz 2017 bei 114 Millionen Euro lag, will dem Vernehmen nach weiterhin als eigenständiges Unternehmen bestehen und „im Rahmen der laufenden Verträge Rohmilch ankaufen“. Hochwald betreibt noch bis April 2021 in Weiding den Sprühturm zur Milchtrocknung. Wenn dieser Vertrag ausläuft, soll er an Almil übergehen, heißt es von Firmenseite.
Die hessische Großmolkerei verarbeitet am Standort Rohmilch und ist unter anderem auf Handel und Produktion von Dauermilchprodukten spezialisiert. Den OVB-Heimatzeitungen berichtete Betriebsratschef Manuel Zawodnik zuletzt von Auslastungsproblemen in Weiding. Dort werde lediglich noch Copacking für die Marken Andechser, Bergader und Alnatura betrieben.
Dr. Rüdiger Helm, Anwalt aus München und Rechtsbeistand des Betriebsrats, vermutete zuletzt im Gespräch mit unserer Zeitung, bei Almil laufe gerade „einiges aus dem Ruder“, die Belegschaft sei „zu Recht sehr verunsichert“. Dass der Standort erneut verkauft werden könnte, wie auf das Schreiben der Almil-Geschäftsleitung hin vermutet wurde, hielt Helm allerdings für „hochspekulativ“.