Raubling – Was er selbst gelernt hat, möchte er weitergeben: Thomas Pichler, seit Kurzem neuer Obermeister der Rosenheimer Zimmerer-Innung, liegen die Themen Nachwuchskräfte, Klimaschutz und nachhaltiger Wohnbau am Herzen. Im Vorfeld des Bayerischen Zimmerer- und Holzbaugewerbetags am 18. und 19. Oktober in Altötting und der Innungs-Holzbaumesse vom 16. bis 17. November in der Rosenheimer Inntalhalle sprach der Zimmerermeister über die aktuellen Herausforderungen seiner Branche mit unserer Zeitung. Der 43-Jährige weiß, dass diese auch stark getrieben sind von der derzeitigen Klimaschutzdebatte und der Frage, wie man schonend mit der gefragten Ressource Holz umgeht.
Sie haben Rudi Schiller als langjährigen, engagierten Innungs-Obermeister abgelöst und läuten damit auch einen Generationswechsel ein. Welche Themen haben Sie sich besonders auf die Fahnen geschrieben?
Ich habe selbst eine sehr gute Ausbildung genossen und möchte das meinen eigenen Auszubildenden weitergeben, das Thema ist mir aber auch in der Innung wichtig. In Rosenheim gehen aktuell pro Lehrjahr 65 angehende Zimmerer in die Lehre. Wir bilden selbst gerade vier Burschen aus und sind überzeugt, dem Fachkräftemangel kann man nur begegnen, indem man selbst diese Fachkräfte ausbildet. Weiter geht es mir um eine gute und zeitgemäße Außendarstellung der Rosenheimer Innungsbetriebe, wozu auch unsere Holzbaumesse beitragen soll.
Was stimmt denn nicht mit der bisherigen Außendarstellung?
Bisweilen wird der Zimmerer gern mal mit dem Schreiner verwechselt (lacht), aber im Ernst: Wir Zimmerer können nicht nur Dachstühle ausbauen, sondern unser Know-how reicht vom Bau eines kompletten Holzhauses über Um- und Ausbauten bis zur Außentreppe und zur Fassadenverschalung.
Der Wohnungsbau dürfte die Zimmerer und ihre verwandten Gewerke in diesen Zeiten ebenso beschäftigen wie Kommunen und Bürger…
Auf jeden Fall ist das ein großes Thema für uns. Selbstverständlich befassen wir uns auch mit den Folgeerscheinungen der knappen Flächen und der Preisentwicklung am Markt. Eine Konsequenz daraus ist für uns, dass vermehrt auf den Baustoff Holz gesetzt werden sollte. Denn die Holzbauweise ist leicht und flexibel und eignet sich für den platzsparenden Mehrgeschossbau. Noch engt jedoch die geltende Landesbauverordnung die Spielräume dabei stark ein, etwa, was die Abstandsflächen betrifft. Das gehört meiner Meinung nach dringend überholt.
Spricht man über Bauen mit Holz, geht es doch auch ums Klima?
Ja, die CO2-Bilanz, die beim Wohnungsbau und Wohnen selbst unterm Strich herauskommt, kann sich sehen lassen, wenn überwiegend Holz als Baustoff zum Einsatz kommt. Holz bindet CO2 –inzwischen geht man davon aus, dass es rund eine Tonne CO2 pro Kubikmeter Holz sind, die dort gespeichert werden. Das kann kein anderer Baustoff. Die CO2-Einsparung durch ein Holzhaus ist somit belegbar. Ein gutes Beispiel für klimafreundliches Bauen gibt es übrigens in unserer Landeshauptstadt München, wo eine Holzbau-Mustersiedlung steht. Jedes dort verbaute Kilogramm Holz wird finanziell gefördert.
Wenn dem Holzbau die Zukunft gehören soll – reicht dafür eigentlich das heimische Holz? Denn aus Klimaschutzgründen müsste der Baustoff ja aus der Region kommen, um weite Transportwege zu vermeiden.
Ja, unser Holz ist ausreichend vorhanden. Seit Jahrzehnten wird in Bayern schon nachhaltige Forst- und Holzwirtschaft vorangetrieben und darauf geachtet, dass so viel nachwächst, wie dem Wald entnommen wird. Wer hier in der Region mit Holz arbeitet, bezieht es, wie ich selbst auch, aus dem Ebersberger Forst oder aus Holzkirchen. Ich beauftrage zum Beispiel ein heimisches Sägewerk ganz in der Nähe in Brannenburg.
In diesem Punkt sprechen wir aber über Fichten-Monokulturen, oder?
Nicht unbedingt. Es geht neben der Fichte auch um die Verwendung von Buche und Lärche sowie um Kiefer, die dann teils aus dem benachbarten Österreich kommt.
Interessiert den Häuslebauer oder Modernisierer überhaupt, wo der Zimmerer das Holz dafür bezieht?
Ja, das Interesse an der Herkunft von Holz ist spürbar gestiegen. Mehr noch als die Frage nach dem Preis. Man merkt, dass unseren Kunden Nachhaltigkeit inzwischen sehr wichtig ist.
Wenn Holz gerade ein Revival erlebt, wie steht es um den Beruf des Zimmerers?
Als ich ihn vor 25 Jahren erlernt habe, war das Berufsbild freilich noch ein anderes, wenn auch damals schon deutlich wurde, wie nachhaltig Bauen mit Holz eigentlich ist. Was heute anders ist, ist die viel größere Nähe zum Kunden. Heute geht es nicht mehr nur darum, gute Leistung zu liefern, sondern man muss sich auch das Vertrauen der Auftraggeber erarbeiten. Sie wollen nicht nur einen Handwerker, der kompetent in seinem Fach ist, sondern der sie persönlich auf ihrem Weg zum Haus, zum neuen Dachstuhl oder der Holztreppe begleitet.
Wie steht es vor diesem Hintergrund um den Nachwuchs?
Im Moment werden im Berufsbildungszentrum der Handwerkskammer in Rosenheim und in der Berufsschule Bad Aibling 190 Lehrlinge ausgebildet. Es muss unseren Betrieben unbedingt gelingen, sie im Handwerk zu halten und nicht an die Industrie zu verlieren – obgleich wir Handwerksbetriebe mit den dort gezahlten Löhnen nicht ganz mithalten können. Auch, wenn wir Zimmerer uns momentan nicht über einen gravierenden Nachwuchsmangel beklagen müssen, die Sorge diesbezüglich ist da.
Interview: Elisabeth Sennhenn