Neue Möglichkeit für den Studienstart

von Redaktion

TH Rosenheim: Wirtschaftsingenieure können künftig auch im Sommer anfangen

Rosenheim – Seit 45 Jahren werden an der Hochschule Rosenheim Wirtschaftsingenieure ausgebildet. In den vergangenen Jahren war die Zahl der Studenten im Bachelor-Studiengang allerdings rückläufig. Um die Attraktivität zu erhöhen, gibt es ab 2020 eine wesentliche Änderung: Künftig können die Studierenden zweimal jährlich ihr Bachelor-Studium aufnehmen. Bislang war dies nur jeweils zum Wintersemester möglich. Ab dem kommenden Jahr geht das auch zum Sommersemester. Dieses beginnt am 15. März 2020, Anmeldeschluss ist am 15. Januar.

„Viele wollen nicht
gleich studieren“

„Wir haben festgestellt, dass sich die heutige Generation der Studierenden mehr Flexibilität wünscht“, erläutert Professor Dr. Uwe Strohbeck, Dekan der Fakultät für Wirtschaftsingenieurwesen. „Viele Schulabgänger möchten nicht gleich ein Studium aufnehmen, sondern zunächst noch ein längeres Praktikum machen oder mit einem Auslandsaufenthalt an Lebenserfahrung gewinnen“, so Strohbeck. Da der Studienbeginn bislang nur zum Wintersemester möglich war, hätten manche der angehenden Studenten noch einen längeren Zeitraum überbrücken müssen.

„Wir haben unseren Erstsemestern die Frage gestellt, wann sie bei einer Wahlmöglichkeit ihr Studium begonnen hätten. Es kam heraus, dass etwa ein Drittel sich für das Sommersemester entschieden hätte“, sagt der Dekan. Angesichts dieses Meinungsbildes ist der Schritt mit einem zweifachen Bachelor-Studienstart pro Jahr nachvollziehbar, zumal vereinzelte Hochschulen in Bayern genau das bereits seit Jahren anbieten, darunter die Hochschule München ganz in der Nähe.

Hinzu kommt, dass künftig auch diejenigen profitieren, die den Studiengang bereits besuchen. „Wir ermöglichen mehr Flexibilität bei den Prüfungen, weil wir Veranstaltungen nicht mehr nur einmal jährlich anbieten. Außerdem wird ein Wechsel von einem anderen Studiengang zu den Wirtschaftsingenieuren künftig erleichtert“, erläutert Strohbeck.

Für das Personal der Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen bedeutet die Neuerung einen Mehraufwand, Strohbeck schätzt ihn auf etwa 20 Prozent im Vergleich zu früher. „Wir mussten schon eine Weile tüfteln, um eine bestmögliche Verzahnung zu erreichen. Und es wird sicher nicht alles gleich hundertprozentig funktionieren. Wichtig ist, dass wir es in den kommenden Jahren schaffen, den Studienstart zum Sommersemester dauerhaft zu etablieren“, so der Dekan, der seit 2010 an der Hochschule Rosenheim lehrt.

Der neue Start des Studiengangs zum Sommersemester ist aber nicht die einzige Neuerung bei der Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen: „Wir schaffen das Auswahlverfahren für den Bachelor-Studiengang ab. Wer sich bei uns für einen Studienplatz bewirbt, bekommt auch einen“, erläutert Strohbeck. Anders als beim Bachelor-Studiengang sieht es beim Master-Studiengang aus: „Hier werden wir förmlich überrannt“, sagt Strohbeck. Die große Nachfrage nach Master-Studiengängen sei auch in anderen Fachrichtungen erkennbar.

Eine besondere Aufgabe sieht er darin, junge Frauen für den Beruf des Wirtschaftsingenieurs zu interessieren. „Da gibt es einen großen Respekt vor der Technik.“ Dabei schnitten die Studentinnen gerade bei den technischen Grundlagenvorlesungen in den ersten Semestern oft besser ab als die männlichen Kommilitonen. „Die jungen Männer brauchen meistens etwas mehr Anlaufzeit, bis sie im Studium ankommen.“

Gleich hinter der Grenze zu Österreich verfolgt man mit Interesse, was sich in Rosenheim tut. An der FH Kufstein Tirol kann man ebenfalls Wirtschaftsingenieurwesen studieren, die Beziehungen zur TH Rosenheim sind gut, sagt Studiengangsleiter Professor (FH) Dr. Martin Adam. „Wir pflegen einen engen Austausch, manche Rosenheimer Lehrbeauftragte halten Vorlesungen bei uns und umgekehrt“, so Adam.

Verschultes System
im Nachbarland

In Kufstein startet man immer im Herbst in den Bachelor-Studiengang, und daran werde sich in absehbarer Zeit auch nichts ändern. „Unser System ist anders als in Deutschland, man könnte sagen verschulter. Ein doppelter Studienstart würde uns an unsere Grenzen bringen. Und wir sehen auch die Notwendigkeit nicht, zumal wir in Kufstein deutlich weniger Studierende haben als die TH Rosenheim.“ Etwa 30 seien es pro Jahr, führt Adam aus. Mehr aufzunehmen, sei finanziell gesehen auch gar nicht sinnvoll, weil die Finanzierung durch den Bund bei 30 Studienplätzen gedeckelt sei.

Doppelt so viele Studierende und Studiengänge wie 2009: TH Rosenheim wächst in den vergangenen zehn Jahren deutlich

Die Hochschule ist seit Jahrzehnten ein Aushängeschild für die Stadt Rosenheim und die Region, seit zehn Jahren ist Professor Heinz Köster ihr Präsident. In dieser Zeit haben sich die Zahlen der Studiengänge und der Studierenden verdoppelt. „Wir haben inzwischen knapp 6000 Studierende, ausgelegt ist die Hochschule für etwa 3000. Im Bereich Forschung und Entwicklung beschäftigen wir rund 100 Mitarbeiter, darunter etwa 30 Doktoranden. Etwa 350 Personen studieren berufsbegleitend, Tendenz steigend“, sagt Köster im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen. Außerdem habe man Bildungsangebote an neuen Standorten aufgebaut. „Wir haben uns in Richtung österreichischer Grenze orientiert und in Mühldorf sowie in Burghausen neue Studiengänge eingerichtet. Wir sind sehr zufrieden mit beiden Standorten. Daher führen wir bereits weitere Gespräche, um im Raum Traunstein eventuell weitere Studienangebote zu schaffen“, so der Hochschulpräsident. In den kommenden Jahren hat die Hochschule viel vor. Zum einen wird in unmittelbarer Nachbarschaft ein Technologiepark entstehen. „Wir bekommen viel mehr Platz, den wir dringend benötigen. So können wir einen Campus aufbauen, wie man ihn sich wünscht: Alles ist nah beieinander und nicht über die Stadt verstreut“, freut sich Köster. Zum anderen entwickelt sich auch das Studienangebot weiter. „Wir werden schon im nächsten Jahr in Rosenheim mit dem neuen Studiengang Medizintechnik starten. Zur Physiotherapie sollen auch Ergotherapie und Digital Health hinzukommen. Das gesellschaftswissenschaftliche Studienangebot in Mühldorf werden wir ebenfalls ausbauen. Auf lange Sicht wollen wir uns intensiv um das Thema Bioökonomie kümmern. Und für unsere Fakultät Informatik ist das Thema Künstliche Intelligenz sehr spannend, da werden wir auch einen Schwerpunkt setzen“, blickt Köster voraus. Als Wunsch für die Zukunft hat er, dass sich die Wohnsituation für die Studenten verbessert. „Zum Sommersemester 2021 sollen bis zu 200 Wohnungen nahe der TH bezugsfertig sein. Ich hoffe, dass das klappt.“

Artikel 7 von 8