„Engagement liegt in Sparkassen-DNA“

von Redaktion

Interview Alfons Maierthaler über Corona, ein gut bestelltes Haus und den Ruhestand

Rosenheim/Bad Aibling – Die Wirtschaftslage zu Zeiten von Corona sieht er mit Sorge, sein Haus aber gut bestellt: Alfons Maierthaler (66) geht in den Ruhestand. Als Vorstandsvorsitzender hielt er die Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling auf Erfolgskurs. Mit ihm sprachen wir über Krise, Engagement und Hobbys.

Wie wird Corona unsere Arbeitswelt verändern?

Sie wird sich erheblich verändern. Kopfschmerzen bereitet mir die wirtschaftliche Entwicklung. Wenn ich mir den Absturz des Konsumklima-Index‘ anschaue – da wird einem bange. Die soziale und kulturelle Identität, die es vor der Krise gab, ist in Gefahr. Schauen Sie sich Lufthansa an, den Tourismus, die Kultur – da bin ich gespannt, wie das in einem Jahr aussieht. Und auch, ob sich die seelische Verfassung der Menschen wieder erholt hat.

Sie gehen zu einem schwierigen Zeitpunkt. Spüren Sie die Versuchung, vielleicht doch das Steuer in der Hand zu behalten?

Nein. Der Zeitpunkt des Abschieds ist seit Jahren geplant, schon bei meinem ersten Vorstandsvertrag in Rosenheim vor 15 Jahren stand, dass ich mit Vollendung des 65. Lebensjahres gehe. Und das war im Februar vergangenen Jahres. Ich hatte mich schon vorbereitet, auf Wunsch der beiden Träger habe ich den Ruhestand noch verschoben. Nun bin ich 66 Jahre und ein Drittel alt, und ich bin vorbereitet. Die Weichen sind gestellt. Das Haus ist hervorragend positioniert und kann auch die wirtschaftlichen Folgen von Corona bewältigen.

Vor zehn Jahren war Finanzkrise. Viele Banken mussten damals gerettet werden. Wie hat sich die Sparkasse entwickelt?

Wir haben uns weiterentwickelt, natürlich, wirtschaftlich, personell. Aber im Grunde sind wir dieselben geblieben. Wir hatten damals 375 Millionen Euro Eigenkapital, das war sehr viel. Heute haben wir sogar 791 Millionen Euro Eigenkapital. Wir überschreiten, wenn nicht noch etwas Großes dazwischenkommt, die 800 Millionen. Da sind wir vorbildlich und denkbar gut aufgestellt. In der Finanzkrise, stimmt, ging es vielen Banken schlecht, den Landesbanken, der Commerzbank, der Deutschen Bank. Das war eigentlich der Wahnsinn, da hat man die Vernetztheit der Finanzwirtschaft erlebt. Uns hat die Krise wehgetan, denn für die Landesbanken wurden wir kräftig zur Kasse gebeten. Das liegt an der Regulatorik. Natürlich musste der Staat, den Banken, die er auffing, mit der Regulatorik auf die Finger klopfen. Wir aber waren sauber und ordentlich unterwegs gewesen. Das hat mich schon geärgert.

Ihre Nachfolge war bundesweit ausgeschrieben. Nun folgt Ihnen Karl Göpfert nach, in der Region tief verwurzelt…

Er ist Rosenheimer, wir haben seit 14 Jahren zusammengearbeitet, somit ist ein nahtloser Übergang möglich. Stephan Donderer (neben Karl Göpfert und Harald Kraus der Dritte im Führungstrio, Anm. der Red.) ist Anfang 2007 gekommen, er war Gebietsdirektor in einem großen Bereich und zwei Jahre stellvertretendes Vorstandsmitglied. Er kennt Haus und Mitarbeiter.

Wir leben im Zeitalter der Globalisierung, in dem die Pleite einer US-Investmentbank Volkswirtschaften auf der ganzen Welt an den Rand des Abgrunds bringt. Warum ist Ortskenntnis so wichtig?

Wir sind Sparkasse, wir sind ein regionales Institut. Wir haben zwei Träger, Stadt und Landkreis, sind ein kommunaler Finanzdienstleister und kümmern uns vorrangig um unser Geschäftsgebiet in der Stadt und Landkreis Rosenheim sowie dem alten Landkreis Wasserburg. Dort sind wir voll vertreten, da generieren wir auch unser Geschäft und unsere Größe. Es ist uns wichtig, dass unsere Region wirtschaftlich und von der menschlichen Seite her floriert. Deswegen gibt es bei uns die Bürgerdividende mit Spenden, Sponsoring und Stiftungen. Es ist eine schöne Region. Schön ist aber auch, dass es hier so viele familiengeführte mittelständische Unternehmen gibt.

Ist das der Grund für Ihr persönliches ehrenamtliches Engagement?

Das Engagement liegt in der DNA einer Sparkasse, und, ja, ich habe diese DNA gelebt. Wir haben das Engagement ausgebaut und professionalisiert, mit Sponsoring, Spenden und drei Stiftungen.

Das erinnert an Jakob Fugger, den „Reichen“. Der kontrollierte sein Imperium von Augsburg aus, wo Sie lange gearbeitet haben. Er sagte: „Tue Gutes und rede darüber.“

Reich bin ich nicht, ich bin auch kein Fugger (lacht). Der war mit seinen Geschäften auf dem Globus unterwegs, hat Kaiser und Könige finanziert, derlei würde ich ablehnen. Wir sind eine Sparkasse, wir unterscheiden uns diametral. Was wir gemeinsam haben: Der war Treiber, Initiator, Ideengeber. Ich habe mich natürlich mit Fugger-Geschichte beschäftigt und festgestellt: Die hatten gute Führungskräfte, haben gut ausgebildet – zur damaligen Zeit war das außergewöhnlich. Wenn sie mich da vergleichen wolle: Das akzeptiere ich gern. Ich habe eine Bildungsoffensive begonnen, habe Fachleute von außen dazugeholt. Deswegen habe ich ein sehr gutes Gefühl, die Vorstandsnachfolge ist gut geregelt, wir haben eine Führungsmannschaft mit guter Altersstruktur, die von der empathischen Seite wie von der Kompetenz her bestens geeignet ist. Aus dieser Sparkasse sind vier Vorstände hervorgegangen. Eine andere Sparkasse, die das geschafft hat, ist mir nicht bekannt.

Wie gut können Sie loslassen? Müssen Ihre Nachfolger Kontrollanrufe befürchten?

Überhaupt nicht, die müssen ihren Weg gehen. Wenn ich gefragt werde, dann werde ich helfen, aber ich glaube, die sind selbstständig. Man sollte sich nicht einbilden, unersetzbar zu sein. Sie werden manches anders machen, das ist ein Generationswechsel, aus dem ich mich raushalten werde.

Womit werden Sie sich beschäftigen?

Soziales Engagement liegt mir am Herzen. Seit meiner Zeit in Augsburg bin ich zum Beispiel Kaufmännischer Vorstand im Vorstand der Stiftung St. Johannes, die sich mit 800 Mitarbeitern um alte Menschen und Behinderte kümmert. Bis 2023 bin ich vom Augsburger Bischof bestellt. Tätig bin ich auch für die Stiftung Attl und für den Investmentausschuss, außerdem bin ich Finanzvorstand beim Wirtschaftlichen Verband. Ja, und dann ist es so, dass ich aus einem Bauernhof stamme. 1989, nach dem Tod meines Vaters, bin ich da in die Pflicht gegangen. Die Felder habe ich verpachtet, die Forstwirtschaft betreibe ich selber, die Hofstelle habe ich in einen Pferdehof umgebaut. Es ist dort stets viel für die Instandhaltung zu leisten. Dann habe ich Frau, zwei Kinder und vier Enkelkinder. Sobald es Corona erlaubt, möchte ich mich wieder mehr darum kümmern. Ich habe ein Haus mit ordentlichem Garten, und wie sich’s für einen Bauernbuben gehört, habe ich dort Bienen. Ich bin sozusagen im dritten Jahr Jung-Imker mit vier Völkern. Außerdem habe ich einen Obstgarten mit alten Obstsorten angelegt. Mein Abschied kommt zur richtigen Zeit. Ich bin gesund, und ich habe Vorsätze. Zum Beispiel bin ich einer der schlechtesten Rotarier. Das möchte ich ändern, mich auch häufiger im Ritterorden im Heiligen Grab und bei der Peutinger-Gesellschaft blicken lassen – das heißt, sobald es Corona zulässt.

Unter www.ovb-online lesen Sie eine vollständige Fassung des Gesprächs.

Interview: Michael Weiser

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