Grünkunft platzt aus allen Nähten

von Redaktion

Preisgeld vom „Ding des Jahres“ für plastikfreie Folie in neues Standbein investiert

Wasserburg/Rott – „Das Preisgeld vom ,Ding des Jahres‘ haben wir in die Firma gesteckt. Das ist das beste Investment, das man machen kann“, sagt Grünkunft-Geschäftsführer Christoph Kleber ein Vierteljahr, nachdem der Zellulose-Beutel „Nachhälter“ bei der Pro-Sieben-Erfindershow abgeräumt hatte. Nun erschließen sich die findigen Eheleute Christoph Kleber und Edna Kleber-Belizário aus Wasserburg neue Geschäftsfelder – natürlich dreht sich alles um biologisch abbaubare Verpackungen.

Neue Halle wird
schon wieder zu klein

Grünkunft bietet seit Frühjahr 2018 in seinem Laden in der Wasserburger Altstadt unter den Arkaden Bio-Produkte, die plastikfrei verpackt sind. Im ersten Obergeschoss am Marienplatz 19 befindet sich die Geburtsstätte ihrer Erfindung: die biovegane Folienverpackung aus Zellulose, der „Nachhälter“, die in Deutschland hergestellt wird. Inzwischen ist dieses Geschäftsfeld outgesourct, weil Grünkunft ausgelastet ist.

Vergangenen September zogen Produktion, Verpackung und Vertrieb aus dem Provisorium über dem Laden nach Rott in eine Halle um. Hier werden die Bio-Lebensmittel und Pflegeprodukte für den Laden in Wasserburg, den Einzelhandel und die Online-Shops eingetütet – per Hand oder maschinell – und mit einer speziellen Technik vernäht sowie für den Versand bereit gemacht. Die Zellulose-Folie kann nicht geschweißt werden, denn dann schmilzt sie. Versandboxen der Partner sind im Einsatz – damit kein zusätzlicher Abfall entsteht.

Und schon wieder wird‘s zu eng in der Halle in Rott. „Wir planen derzeit einen weiteren Standort, natürlich in der Region“, so Christoph Kleber. Denn das Unternehmen wächst weiter, hat mittlerweile 16 Mitarbeiter.

Kooperationen mit anderen Gründern

Und die beiden haben jede Menge Ideen. Grünkunft stellt sich breiter auf und hat mit anderen umweltbewussten Gründern Kooperationen geschlossen, wie der 35-jährige Unternehmer berichtet. In dieses neue Standbein wurde eine mittlere siebenstellige Summe investiert und somit das Portfolio erweitert. Der Markenkern bleibt: nachhaltige Verpackung aus nachwachsenden Rohstoffen.

Grünkunft unterstützt demnächst andere Startups mit einer vergleichbaren Vision, um in Europa Fuß zu fassen: „Wir bringen deren Produkte auf den Markt“, so Kleber. Europa sei ein guter Markt für Nachhaltigkeit, man dürfe aber auch die USA nicht unterschätzen und müsse ebenfalls die anderen Kontinente im Blick haben.

Kleber darf noch nicht mehr verraten, außer, dass es sich um ein „völlig neues Feld von Verbundverpackungen“ handelt, die biologisch abbaubar sind. Noch für 2020 ist die Umsetzung geplant. Die Wasserburger werden das Verbundmaterial der Partner importieren, an dem noch zu gründenden Standort weiter verarbeiten und an Verpackungsabnehmer weiterreichen.

Sehr viele Zoom-Meetings mit Partnern, die auf der ganzen Welt verstreut sind, fanden während des Corona-Lockdowns statt. Ein positiver Effekt, den die Pandemie in Klebers Augen auf die Business-Welt haben könnte: „80 Prozent der Herumfliegerei wegen geschäftlicher Besprechungen könnten durch Videokonferenzen ersetzt werden.“

Durch die Corona-Krise hat sich der Grünkunft-Umsatz verschoben: Der Online-Handel ist stark angestiegen. Interessanterweise bestellten zunehmend mehr Senioren aus Altenheimen und ließen sich das Sortiment schicken, sagt Christoph Kleber.

Stark eingebrochen sei dagegen das Geschäft der Einzelhandelspartner während des Lockdowns. Die Grünkunft-Produkte gibt es häufig in Flughafenshops, Fußgängerzonen und Einkaufszentren, die monatelang wie leergefegt waren. „Als Unternehmer muss man ja immer in Vorleistung gehen und auch mal Durststrecken überstehen. Und man muss die Saat ausbringen“, sagt der Grünkunft-Chef voller Zuversicht.

Auch interessant
für Autoindustrie

Der „Nachhälter“ kommt nach dem Sieg als „Das Ding des Jahres“ groß raus und künftig nicht nur zum Einsatz, um Lebensmittel für den eigenen Bio-Laden verpacken zu können. „Der Laden in der Altstadt ist unser Baby, der bleibt natürlich bestehen. Wir werden zusätzlich auch als Verpackungslieferant für andere Branchen auftreten“, sagt der Grünkunft-Chef. Warum also nicht Schrauben oder Kleinteile aus der Autoindustrie umweltfreundlich verpacken?

Im Moment wandern noch Trockenfrüchte, schokolierte Nüsse, Reis und beispielsweise Saaten in die Zellulose-Tütchen. Teilweise per Hand, wenn es um edle Pralinen geht, denen das Vibrationsförderband nicht bekommt. Eine Abfüllanlage reicht für die anderen Waren nicht mehr aus, die Kapazität ist erschöpft. Darum wurden nun zwei weitere Anlagen installiert.

Das Trockenlager ist gut gefüllt, die „Picker“ sausen durch die Gänge und stellen die jeweiligen Bestellungen zusammen. Nicht aber für Großkunden. Für Palettenware ist hier kein Platz. Kleber lacht gut gelaunt, nimmt sich ein Tütchen Mandeln in Zartbitterschokolade und sagt mit Blick in die Zukunft: „Wir müssen einfach wachsen“.

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