Nußdorf – Die Corona-Pandemie bescherte bereits so manch kuriose Überraschung. Beispielsweise waren über einen längeren Zeitraum die Regale mit Toilettenpapier wie leer gefegt.
Doch was mit dem „Wertpapier“ passiert, nachdem es im Abfluss verschwindet, interessierte keinen Hamster(käufer). Es landet über das Entwässerungssystem in den Abwasserleitungen und schließlich im Klärwerk.
Alternativen führen zu Verstopfung
Das ist bei vor Verzweiflung und Toilettenpapiermangel genutzten Alternativen anders: Die sind nicht dafür gemacht, zu zerfallen und verstopfen gerne mal den Ablauf, erklärt Ralph Fluke, Geschäftsführer des Verbands der Rohr- und Kanal-Technik-Unternehmen (VDRK). Was in Zeiten von verstärktem Homeoffice die Auftragsbücher seiner Mitgliedsbetriebe gut gefüllt hielt.
Seit Corona ist in Deutschland das Händewaschen höchstes Gebot. Auch darüber gelangt verschmutztes Wasser in die Kanalisation. „Dabei ist Wasser eine unserer wichtigsten Ressourcen und die Kanalisation, in der das Abwasser verschwindet, gehört zu unserer wertvollsten Infrastruktur“, erklärt Georg Mayer, Geschäftsführer einer Kanal- und Rohrreinigungsfirma, die seit 1955 in Nußdorf ansässig ist. Auch ihn beschäftigt das Coronavirus, denn Krankheitserreger werden über Abwässer in die Kanalisation eingetragen.
Nach Veröffentlichungen des Robert-Koch-Instituts soll zumindest das Coronavirus SARS CoV-2 nicht über menschlichen Stuhl übertragen werden. Doch Vorsicht sei immer geboten, sagt Mayer. Für ihn und seine Mitarbeiter seien dabei folgende Punkte in der aktuellen Situation zu beachten: Auf besondere Sorgfalt beim Arbeitsschutz achten, unnötige Risiken vermeiden und die üblichen Hygiene-Empfehlungen befolgen.
Verbandsgeschäftsführer Fluke erklärt, dass die Gefahr im häuslichen Bereich wesentlich größer war und ist, als bei öffentlichen Aufträgen in öffentlichen Kanälen: „Weil im öffentlichen Bereich der Kunde die Nase nicht so weit hineinsteckt, dem Kollegen nicht so auf die Pelle rückt, nicht jeden Handgriff verfolgt und kommentiert.“
Im Kanalsystem werden zwar Fragmente des Coronavirus gefunden, so Fluke, „die sind aber so klein und so kaputt, dass sie nicht mehr ansteckend sind. Selbst in Laborversuchen waren sie nicht mehr annähernd aktiv zu bekommen.“ „Wir müssen uns klarmachen, dass es niemals neues Wasser geben wird“, sagt Mayer. „Das Wasser unterliegt einem sich immer wiederholenden Kreislauf. Dabei hat es auf seinem Weg Bakterien transportiert und Viren vernichtet, es versickert, verdunstet und kommt als Regen zurück. Abwasser ist daher ein wertvoller Rohstoff für frisches Trinkwasser“, erklärt Georg Mayer.
Wertvollste Infrastruktur
In Deutschland machen knapp 600000 Kilometer öffentliche Abwasserleitungen, rund 10000 Kläranlagen und unzählige Schächte, Pumpstationen und Anschlüsse die Kanalisation zur wertvollsten Infrastruktur im Lande – noch vor dem Straßennetz und der Trinkwasserversorgung. 80 Millionen Menschen, also fast alle Einwohner, sind daran angeschlossen, außerdem alle Betriebe und Geschäfte, Sportstätten oder Versammlungsräume, informierte kürzlich der Verband der VDRK.
„Diese wertvolle Infrastruktur muss kontrolliert, gewartet und gepflegt werden, damit das Abwasser sicher vom Abfluss zur Kläranlage gelangt, aufbereitet werden kann und wieder in den ewigen Wasserkreislauf fließt“, sagt der Rohrreinigungsspezialist aus Nußdorf. Und dies übernehmen hoch qualifizierte Fachkräfte für Rohr-, Kanal- und Industrieservice.
Die Verträge sind, so sagt es der Geschäftsführer des Verbandes, meist sehr langfristig, sodass die Auftragslage auch im öffentlichen Bereich nicht unter der Pandemie litt. Auch die Rohr- und Kanalreiniger zählen zu den systemrelevanten Berufen. Mayer und seine Mitarbeiter sind mit ihren Spezialfahrzeugen ständig unterwegs, um die Leitungen zu reinigen. Öffentliche wie private. „Schließlich sind wir die Pflegekräfte im Untergrund.“