„Wir wollen ja wieder auf die Füße kommen“

von Redaktion

Wirte im Achental begrüßen die Konjunkturhilfe der Bundesregierung – Gäste zeigen sich solidarisch

Reit im Winkl/Achental – Kaum Probleme mit der Umstellung auf die neuen Mehrwertsteuersätze haben die Wirte im Achental. Sie sind erleichtert, dass ihnen die Bundesregierung unter die Arme greifen will. Bis Ende Juni galt für Speisen, die ein Gast in einem Restaurant oder Café verzehrt, der allgemeine Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Seit dem 1. Juli sind nur noch fünf Prozent fällig. Gastronomen in ganz Deutschland mussten von einem Tag auf den anderen ihre Kassen umstellen.

„Am Stichtag
hatten wir Ruhetag“

Für Willi Schwarz, Wirt der „Stoaner Alm“ in Reit im Winkl, verlief die Umstellung auf die neuen Mehrwertsteuersätze für Speisen und Getränke reibungslos. „Das hat bei uns sehr gut geklappt, denn wir hatten genau am Stichtag Ruhetag“, erklärt Schwarz. Er hatte außerdem die Hilfe einer Firma in Anspruch genommen, um seine Kasse auf den neuesten Stand zu bringen.

Die Preise hat er so gelassen, wie sie sind. „Wir geben das nicht an unsere Kunden weiter, weil wir ja nach den Verlusten, die wir wegen Corona erlitten haben, wieder auf die Füße kommen wollen.“ Wenn man das den Gästen erkläre, fänden das fast alle richtig. Und es sei ja auch die Absicht der Bundesregierung gewesen, dass bei den Gastronomen etwas mehr Geld hängenbleibt. Probleme sieht Schwarz beim Jahreswechsel auf sich zukommen. Dann müssten die Kassen am Neujahrstag umgestellt werden. „Die Hersteller von Kassen und Software sind dann bestimmt überlastet“, fürchtet er.

Im Gasthof „Zellerwand“ in Schleching hat eine Firma die Kasse per Fernwartung umgestellt. Dominik Müller, der den Gasthof zusammen mit seiner Frau Angelika betreibt, begrüßt natürlich die Anschubhilfe aus Berlin. Jedoch seien fünf Prozent „schon fast zu viel des Guten“. Für ihn hätte es eine Absenkung auf sieben Prozent auch getan. „Die Mehreinnahmen geben wir an unsere Mitarbeiter weiter“, erklärt Müller. Die Gäste zeigten dafür vollstes Verständnis. Manche seien beim Trinkgeld deshalb zurzeit auch sehr großzügig. So habe ein Gast 20 Euro gegeben. „Das ist dafür, dass ihr Euch das mit der Maske jeden Tag antut“, war dessen Begründung. Auch Müller sieht am Jahreswechsel ein Problem auf sich zukommen. An Neujahr müsse er die erneute Umstellung der Kasse wahrscheinlich selbst machen. „Dann dauert das nicht 20 Minuten, sondern mehrere Stunden“, befürchtet er.

Josef Scheck, Inhaber des Restaurants „Fischer-Stüberl“ in Rottau, kann das bestätigen. Er hat seine Kasse selbst umgestellt, „das waren ein paar Stunden Arbeit“, sagt er. Ansonsten verlief die Umstellung reibungslos. Seinem Restaurant ist allerdings auch ein Hotel angeschlossen und da steckt der Teufel im Detail. „Wenn ein Gast 14 Tage gebucht hat, und zwar eine Woche im Juni und eine Woche im Juli, dann müssen wir das auseinander rechnen“, erklärt. Was noch komplizierter werde, wenn der Gast seinen Aufenthalt über ein Buchungsportal gebucht habe. Ein weiteres Problem sieht er am Silvesterabend. Da ist sein Restaurant geöffnet, die Gäste bleiben bis 2 oder 3 Uhr nachts. „Welcher Steuersatz gilt dann ab Mitternacht?“, fragt er. Er hoffe aber auf eine Kulanzregelung.

Georg Ellmaier, Pächter des Bistros „Foglwuid“ in Unterwössen, hatte überhaupt keine Probleme mit der Umstellung seiner Kasse. „Ich komme aus der IT, für mich war das eine Sache von zwei Minuten.“ Er sieht die höheren Einnahmen als Ausgleich für den Mehraufwand wegen Corona. Seine Kunden fänden das in Ordnung und zeigten sich solidarisch. Ellmaier geht aber noch ein Stück weiter und fordert, dass der Steuersatz von fünf Prozent auch für Getränke gelten sollte. Das würde sich für Gastronomen dann richtig lohnen. Er denkt dabei vor allem an Bars und Klubs, die zurzeit gar keine Einnahmen hätten. Zum Jahreswechsel muss er seine Kasse wieder umstellen, aber das sei kein Problem, nicht nur, weil er es selbst machen kann: „An Neujahr habe ich traditionell geschlossen.“Martin Tofern

Steuerpolitik der Bundesregierung

Die Bundesregierung hatte im Mai beim ersten Corona-Konjunkturpaket beschlossen, die Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants und Gasthäusern für ein Jahr von 19 auf sieben Prozent zu senken. Die Regelung gilt vom 1. Juli 2020 bis zum 30. Juni 2021. Für denselben Zeitraum werden für Getränke 16 Prozent statt der sonst üblichen 19 Prozent Steuern erhoben.

Damit soll den gastronomischen Betrieben, die während des coronabedingten monatelangen Lockdowns so gut wie keine Einnahmen hatten, wirtschaftlich wieder auf die Sprünge geholfen werden. Die Mehreinnahmen sind ausdrücklich für die Wirte gedacht und nicht dazu, die Preise für die Gäste zu senken.

Nach der ersten Steuersenkung hat die Regierung die Mehrwertsteuer auf Speisen im Rahmen eines weiteren Konjunkturpakets noch einmal gesenkt – und zwar von sieben auf fünf Prozent. Diese Regelung gilt jetzt vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020. Danach geht die Steuer wieder rauf auf sieben Prozent.

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